Update zum IDW PH GoBD-Compliance 9.860.4 

Aktuelles Thema 

Das Thema Tax Compliance ist relevanter denn je. Durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 202/514 des Rates vom 22. März 2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts (sog. „DAC 7-Umsetzungsgesetz“) und der damit einhergehenden Erprobungsphase zum Steuerkontrollsystem gem. § 38 EGAO diskutiert die Beratungs- und Finanzverwaltungsseite zunehmend funktionale Lösungen. Schafft es die Finanzverwaltung weg von der Beleg- oder Datensatzprüfung hin zur Prozessprüfung und kann hier Vertrauen geschaffen werden? Bei der Prozessprüfung rückt zwangsläufig auch das Grundgerüst des Tax Compliance Management Systems (TCMS), nämlich das dabei eingesetzte IT-System und die GoBD-Konformität desselben in den Fokus der Allgemeinheit. Ein TCMS ist eine Struktur oder ein Prozess, der von Unternehmen implementiert wird, um sicherzustellen, dass sie alle relevanten Steuervorschriften und -gesetze einhalten. Es besteht aus verschiedenen Komponenten und Elementen, die in der Regel auf IT-Systemen fußen. 

Inhalte 

In der ID-Life 10/2023 wurde nun das Update des IDW PH 9.860.4 veröffentlicht. Der ursprüngliche PH aus 2021 hatte das Ziel, die Einhaltung der GoBD zu prüfen und legt die Berufsauffassung dar, nach der Wirtschaftsprüfer unbeschadet ihrer Eigenverantwortlichkeit bei der Prüfung vorgehen. 

Eine detaillierte Vorstellung des IDW PH 9.860.4 erfolgte bereits hier im Blog mit den Beiträgen von Liekenbrock GoBD-Compliance Teil 1 | IDW veröffentlicht Prüfungshinweis 9.860.4 über die Prüfung der GoBD-Anforderungen und 

GoBD-Compliance Teil 2 | IDW veröffentlicht neuen Prüfungshinweis zu den Grundsätzen digitaler Buchführung der Finanzverwaltung (IDW PH 9.860.4), sowie Danielmeyer

GoBD-Compliance Teil 3 | Die Kasse als Datenverarbeitungssystem mit Hinweisen zum neuen IDW PH 9.860.4 und Ewel GoBD-Compliance Teil 4 | IDW veröffentlicht neuen Prüfungshinweis zu den Grundsätzen digitaler Buchführung der Finanzverwaltung (IDW PH 9.860.4)

Update DAC7

Führung und Aufbewahrung 

Im jetzt vorliegenden Update geht es vornehmlich darum, die Änderungen des Modernisierungsgesetzes in die Angemessenheits- und Wirksamkeitsprüfung einzubeziehen. Ein besonderer Schwerpunkt wird dabei auf die Frage des Ortes der Führung und Vorhaltung der Buchführung im digitalen Zeitalter gelegt. Denn zunehmend werden im Web3-Zeitalter Geschäftsvorfälle auf der Blockchain aufgezeichnet und Identitäten über pseudonymisierte Wallet—IDs (s.a. Blogbeitrag vom 16. Juli 2021) nachgewiesen. Diese führen zu intransparenten Orten der Aufzeichnung und Lagerung. Wo stehen die Rechner, wo die Server? Muss ggf. ein Antrag nach § 146 Abs. 2b AO gestellt werden? 

Auszug aus dem IDW PH 9.860.4, Ergänzungselement (3) Elektronische Aufbewahrung, S. 916 f.:

Soweit die elektronischen Bücher oder sonstigen erforderlichen elektronischen Aufzeichnungen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in mehreren Mitgliedstaaten geführt und aufbewahrt werden, ist auf Grundlage von § 146 Abs. 2a AO sicherzustellen, dass der Datenzugriff der Finanzverwaltung nach § 147 Abs. 6 AO in vollem Umfang möglich ist. Ein Antrag ist nicht notwendig. Die Antragspflicht besteht jedoch, soweit die Verlagerung in einen Drittstaat oder in mehrere Drittstaaten erfolgt. In diesen Fällen bedarf es auf Grundlage des § 146 Abs. 2b AO eines schriftlichen oder elektronischen Antrags beim zuständigen Finanzamt. Nach der Neufassung des § 146 Abs. 2b AO entfällt in diesem Zusammenhang die zwingende Erfordernis der Nennung des konkreten Server-Standortes. Entsprechend genügt es, wenn der Name und die Anschrift des Betreibers der Cloud-Lösung mitgeteilt werden.

Datenzugriff 

Neben den herkömmlichen Arten des Datenzugriffs hat „DAC7“ den § 147 Abs. 6 AO in derart verändert, als das die Finanzverwaltung bereits im Veranlagungsverfahren und nicht erst im Wege der Außenprüfung verlangen kann, dass die Daten nach ihren Vorgaben in einem maschinell auswertbaren Format an sie übertragen werden. Ob es sich hierbei um einen gewollten Passus oder um ein gesetzgeberisches Versehen handelt, wird die Praxis zeigen (kritisch: Peters, RET 6.2023, 51). Ebenso neu ist, dass nach§ 147b AO das Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung und mit Zustimmung des Bundesrats eine einheitliche digitale Schnittstelle und Datensatzbeschreibung für den standardisierten Export von Daten bestimmen kann (Hinweis: der Diskussionsentwurf des BMF vom 01.12.2023 zur Verordnung zur digitalen Schnittstelle der Finanzverwaltung für Buchführungsdaten (Buchführungsdatenschnittstellenverordnung – DSFinVBV) wurde ausgewählten Verbänden zur Stellungnahme zugesandt).

Fazit

Bei der Compliance-Prüfung setzt der PH an die neuen Vorgaben des DAC7-Gesetzes an. Dies ist begrüßenswert, können bei Nichtbeachtung der gesetzlichen Vorgaben, die vermutlich auch in ein GoBD-Update eingehen, beachtliche Sanktionen (Schätzung, Ordnungswidrigkeitsverfahren, …) durch die Finanzverwaltung ausgesprochen werden. Auch losgelöst von der Wirtschaftsprüfungstätigkeit kann der PH genutzt werden, um Schwachstellen, Risikofaktoren und Schnittstellen ins Bewusstsein zu rücken und diese GoBD-konform zu verwalten.