Kryptoassets – Führen internationale Besteuerungsinkonsistenzen & Anonymität zu neuen Transparenzpflichten?

Krypto International

Die Geschäfte mit Kryptoassets brummen. Die Marktkapitalisierung der wohl bekanntesten Kryptowährung Bitcoin beträgt nach Informationen von CoinMarketCap jenseits der 500 Milliarden EUR (Stand 30.07.2021: 614 Milliarden EUR; s. auch WiWo v. 28.07.2021: 715 Mrd. US-Dollar), das tägliche Handelsvolumen übersteigt ebenfalls die 20 Milliarden EUR Grenze (Stand: 30.07.2021). Die gesamte Marktkapitalisierung von sämtlichen Kryptoassets dürfte indes irgendwo jenseits der 1 Billionen EUR liegen. Gleichzeitig rücken auch weitere Kryptoassetklassen (sog. Non-Fungible Token, „NFTs“) in den Fokus der Trader. Zudem geraten Krytphandelsbörsen wie bspw. Binance zunehmend in Kritik, weil die bereits verabschiedeten Regulierungsvorschriften wohl nicht ausreichen, um Geldwäsche zu verhindern (s. Tagesschau v. 18.05.2021 oder Handelsblatt v. 19.07.2021).

Die Bundesregierung hat nun eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion bzgl. der Besteuerung und Regulierung von Kryptoassets beantwortet (s. BT-Drs. 19/30141). Die Antworten der Bundesregierung sind Anlass und Gegenstand dieses Blogbeitrages.

Deutsch-steuerrechtliche Behandlung von Gewinnen aus Kryptoassets

Eine Besteuerung macht eine Veranlagung nötig

Aus deutsch-steuerrechtlicher Sicht qualifizieren Kryptoassets als Wirtschaftsgüter (s. z.B. Pinkernell, Ubg 2019, 19 [22]; umfassende Kritik an der Eigenschaft als Wirtschaftsgut: Andres, DStR 2021, 1630). Demnach führen Veräußerungen von im Privatvermögen gehaltenen Kryptoassets zu sonstigen Einkünften, wenn Anschaffung und Veräußerung innerhalb der Jahresfrist erfolgen (§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG; s. FG Berlin-Brandenburg v. 20. Juni 2019, 13 V 13100/19, DStRE 2019, 1329; a.A. FG Nürnberg v. 8. April 2020, 3 V 1239/19, DStR 2020, 1243). Diese Auffassung kommt auch in dem vom BMF veröffentlichten Entwurf eines BMF-Schreibens zu den ertragsteuerlichen Einzelfragen im Zusammenhang mit virtuellen Währungen zum Ausdruck (s. dazu Liegmann/Himmer, fgs-blog v. 21.06.2021).

Folglich ist eine Besteuerung realisierter Gewinne im Privatvermögen nur im Wege der Veranlagung möglich. Informationen über realisierte Kryptogewinne liegen indes im Regelfall nur dem Trader vor.

Konzept des Quellensteuerabzugs ist aufgrund der Internationalität nicht möglich

Eine abweichende Erhebungsform in Form eines Quellensteuerabzugs ist indes nicht möglich. Es ist grundsätzlich denkbar, Kryptowährungen unter die Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) zu subsumieren. Dies scheitert jedoch an der fehlenden Kapitalüberlassung zur Nutzung. Zudem stellt die Bundesregierung zutreffend fest, dass der Handel von Kryptowährungen regelmäßig über im Ausland ansässige Handelsplattformen oder Walletprovider erfolgt (z.B. Binance mit derzeitigem Sitz auf Malta). Aufgrund des Territorialitätsprinzips ist es nicht möglich einem im Ausland ansässigen Provider eine Quellensteuerabzugsverpflichtung für deutsche Steuerpflichtige aufzuerlegen [s. BT-Drs. 19/30141, S. 3 zur Frage 3.b)].

Internationale Unterschiede bei der steuerlichen Einordnung von Kryptoassets

Im internationalen Vergleich ist die steuerliche Einordnung von Kryptoassets vielfältig (s. OECD v. 12.10.2020, Taxing Virtual Currencies, An Overview of Tax Treatments and Emerging Tax Policy Issues, S. 23 dort Tab. 2.1.):

  • immaterielle Wirtschaftsgüter (bspw. in Schweden, Spanien, Frankreich, Australien);
  • Finanzinstrument (so bspw. in Südafrika, Kroatien, Dänemark, Israel, Japan);
  • (virtuelle) Handelsware (bspw. in Österreich, Kanada, China);
  • Währung im steuerrechtlichen Sinne (so in Belgien, Polen, Italien und die Elfenbeinküste).

Die OECD kommt in ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in den meisten Staaten Kryptoassets als Vermögenswerte qualifizieren, die Kapitalerträge generieren. Lediglich in seltenen Fällen führen Geschäfte mit Kryptoassets zu sonstigem Einkommen (s. OECD v. 12.10.2020, S. 32). Unter dieser Prämisse ist die steuerrechtliche Behandlung von Kryptoassets im internationalen Kontext ein Sonderfall.

Unabgestimmte Besteuerungsansätze & Anonymität bergen Gefahren…

… der Doppelbesteuerung und der Nichtbesteuerung

Eben jene internationale Unabgestimmtheit birgt die Gefahr, dass Gewinne aus Kryptoassets – insbesondere aufgrund der internationalen Flexibilität der Transaktionsstrukturen – im Endeffekt einer Doppel- oder Nichtbesteuerung unterliegen könnten. Dies insbesondere dann, wenn bestimmte Staaten aufgrund der jeweils unterschiedlichen steuerlichen Qualifikation dem jeweils anderen Staat das Besteuerungsrecht zuweisen. Zudem ist es aufgrund der Anonymität nicht gesichert, dass die Finanzverwaltung Informationen über getätigte Krypto-Transaktionen erhält, sodass möglicherweise nicht versteuerte Kryptogewinne nicht aufgedeckt werden. Oder verschiedene Staaten wollen beide einen Steueranspruch durchsetzen, da sie verschiedene Besteuerungsansätze verfolgen.

… der Geldwäsche

Zudem begünstigt die Anonymität der bestehenden Transaktionsformen und Börsenplätze zusätzlich Geldwäsche und die Umgehung von etwaigen Regularien. Das tägliche Handelsvolumen allein von Bitcoin (ca. 22 Milliarden EUR, Stand: 30.07.2021) zeigt, welche immensen Summen an Kryptowährungen täglich in staatliche Währungen (Fiat-Währungen) oder in andere Kryptoassets getauscht werden. Durch die Rotation von kriminell inkorporiertem Geld in Kryptoassets und wieder zurück in Fiat-Währung besteht die Möglichkeit Geld „reinzuwaschen“. Der Umstand, dass ggfs. durch die Rotation Verluste erzielt werden, ist unbeachtlich. Es steht allein die „Entkriminalisierung“ im Vordergrund.

Transparenzbestrebungen auf nationaler und internationaler Ebene

Nationale Anstrengungen: Kryptowertetransferverordnung und verstärkte Sorgfaltspflichten

Der Gesetzgeber erarbeitet aktuell eine Kryptowertetransferverordnung i.S.d. § 15 Abs. 10 GWG, welche im Entwurf vorliegt. Diese ordnet die Einhaltung verstärkter Sorgfaltspflichten an, um die bestehenden Risiken aus der Anonymität bei Übertragungen von Kryptowerten zu adressieren (s. BT-Drs. 19/30141, S. 1 f.). Zahlungsströme durch Krypto-Transaktionen sollen in gleichem Maßstab wie bei Geldtransfers überprüft werden können. Auch die Übermittlung von Informationen über Auftraggeber und Empfänger bei Krypto-Transaktionen durch den jeweiligen „wirtschaftlich Verpflichteten“ an den jeweiligen Kryptowertedienstleister ist vorgesehen. Die verstärkten Sorgfaltspflichten sollen jedoch nicht nur für Transfers und Verwahrstellen durch Dienstleister gelten, sondern auch für solche Übertragungen und Verwahrungen, bei denen kein Kryptoverwahrer in einer Verwaltungsfunktion tätig ist.

Die verstärkten Sorgfaltspflichten sollen nach Auffassung des Gesetzgebers die Rückverfolgbarkeit der Beteiligten der Transaktionen, die Überprüfung von Sanktionen betroffener Personen sowie eine Risikoabwägung im Hinblick auf beteiligte Dienstleister ermöglichen (s. BT-Drs. 19/30141, S. 2).

EU-Maßnahmen: Datensammlung & DAC8

Auf EU-Ebene bestehen ebenfalls Bestrebungen den anonymen Krypto-Transaktionen mit Transparenz und Aufklärung auf Sachverhaltsebene entgegenzutreten.

Dem Vernehmen nach plant die EU ein eigenes zentrales Organ zur Geldwäschebekämpfung, die sog. Anti-Money Laundering Authority (AMLA). Zusätzlich sollen auch neue EU-weite Anforderungen für Krypto-Dienstleister bzw. Kryptoverwahrer in Planung sein, sodass eine Verpflichtung besteht, Daten über die Auftraggeber und Begünstigten von Krypto-Transaktionen zu sammeln und zugänglich zu machen (Reuters v. 08.07.2021, EU to propose new body to tackle dirty money, documents say). Des Weiteren hat die EU bereits einen Fahrplan bzgl. eines Richtlinienvorschlags für die Ausweitung des automatischen Informationsaustauschs auf Kryptoanlagen und virtuellen Währungen zwecks der Bekämpfung von Steuerbetrug veröffentlicht. Ergebnis der Ausweitung eines solchen Informationsaustauschs dürfte demnach eine Mitteilungspflicht für Krypto-Transaktionen für Besteuerungszwecke sein (sog. DAC8, s. auch Hinweis am Ende vom Blogbeitrag v. 16.04.2021).

Ausblick

Krypto-Transaktionen erfreuen sich wachsender Beliebtheit und haben auch in den letzten Jahren zu einem Anstieg von Millionären geführt. Gleichzeitig ist die steuerliche Behandlung im internationalen Kontext unabgestimmt. Dies birgt das Risiko der Doppelbesteuerung oder aber auch der Nichtbesteuerung.

Zudem birgt die Anonymität von Krypto-Transaktionen die Gefahr von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Die Staatengemeinschaften scheinen diesen Risiken mit strengeren Regularien und Transparenzvorschriften begegnen zu wollen, was zu einem Anstieg, der durch den Steuerpflichtigen zu sammelnden Daten und Dokumentationspflichten führt.