Update zur FiBu-Schnittstelle der Finanzverwaltung

Die Bundesregierung hat jüngst auf eine Kleine Anfrage von Abgeordneten der FDP-Fraktion geantwortet und sich zu den Problemen bei ihrem gescheiterten Versuch über die Einführung einer Finanzbuchhaltungsschnittstelle geäußert (s. BT-Drs. 19/29612).   

Kurzer Rückblick auf die gescheiterte Einführung von § 147b AO

Der Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2020 (JStG 2020-RefE, S. 184) enthielt mit § 147b AO-Entwurf eine Verordnungsermächtigung, worüber das Bundesfinanzministerium eine einheitliche digitale Schnittstelle und Datensatzbeschreibung für den standardisierten Export und die standardisierte Speicherung von steuerrelevanten Daten hätte festlegen können (s. Blog-Beitrag Kommt nun doch der allgemeine Datenstandard im Jahressteuergesetz 2020?).

Nach den begleitenden Gesetzesmaterialen bestand der Hauptzweck der Regelung darin, den großen Aufwand in Betriebsprüfungen im Zusammenhang mit der Ausübung des Datenzugriffsrechts zu reduzieren. Der Aufwand entsteht gegenwärtig dadurch, dass die von dem geprüften Unternehmen überlassenen Daten aufgrund der fehlenden Standardisierung aufwendig durch die Betriebsprüfung aufbereitet werden müssen, bevor sie in die Prüfsoftware eingelesen werden können. Der Finanzausschuss des Bundesrates betonte zudem den Nutzen für die Wirtschaft (BR-Ds. 503/1/20, S. 158 f.). Denn hierdurch könnten Unsicherheiten über die Relevanzeinstufung von Steuerdaten und deren Speicherung beseitigt werden.

Warum ist die FiBu-Schnittstelle gescheitert?

Missverstandene Regelungsreichweite des § 147b AO-Entwurf

Nach Auffassung der Bundesregierung sei die Einführung des Datenstandards am Widerstand der Unternehmensverbände gescheitert, die die Regelungsreichweite von § 147b AO missverstanden hätten. Denn anders als es die Verbände in ihren Stellungnahmen (s. unter Link) zum Ausdruck gebracht haben, sei es nicht darum gegangen, verbindliche Datenspeicherungs- und Archivierungsprogramme vorzuschreiben, sondern man wollte mit dem umstrittenen Begriff der „Datenspeicherung“ lediglich Mindestanforderungen für eine Datenstruktur definieren, die für den Export und die Speicherung von steuerrelevanten Daten zu beachten sind. Als Orientierungsmaßstab sollte die Digitale Lohnschnittstelle dienen. Ob diese Mindestanforderungen nicht letztlich zu dem von den Verbänden befürchteten Ergebnis geführt hätten, ließ die Bundesregierung in ihrer Antwort unangesprochen.

Die Erfahrungen aus der Einführung der Digitalen Lohnschnittstelle zeigen zwar einerseits, dass ein Exportstandard praktisch umsetzbar ist und aus Sicht der Verwaltung Effizienzgewinne hebt, aber andererseits war dies auf Seiten der Arbeitgeberunternehmen, Lohnbuchhaltungsdienstleistern und Softwareherstellern kein trivialer Änderungsprozess. Hieraus lassen sich auch nur bedingt Rückschlüsse für die Einführung einer FiBu-Schnittstelle ableiten, weil die Daten in der Finanzbuchhaltung im Regelfall nicht die Detailtiefe vorweisen, sondern in hohem Maße verdichtet sind. Je nach Anforderungskatalog der FiBu-Schnittstelle und individuellen Granularität der FiBu-Daten im Unternehmen wäre das Aufbrechen dieser Verdichtungskette nur aufwendig unter Einbezug der FiBu-Vorsysteme möglich, um Datensätze bereitzustellen, die die einzelnen steuerrelevanten Geschäftsvorfälle erklären können.

Unkonkrete und zu einseitig ausgestaltete Verordnungsermächtigung

Die Verordnungsermächtigung war zu unkonkret und das Gesetzesmotiv zu einseitig auf die Vorteile der Finanzverwaltung gemünzt. Dass hieraus auch Vorteile für die Wirtschaft erzielbar gewesen wären, in dem Betriebsprüfungen gegebenenfalls verkürzt werden könnten oder Rechtsunsicherheiten bei der Qualifikation von bereitzustellenden Daten hätten abgemildert werden können, wurde nicht glaubhaft vermittelt. Insbesondere die Qualifikation, welche Daten für den Datenzugriff relevant sind und welche nicht, wäre ein Asset für die Wirtschaft. Hier wird man sich aber keine allzu großen Hoffnungen machen dürfen. So hat sich die Bundesregierung auf die Anfrage der FDP-Fraktion, warum SAF-MOSS damals nicht eingeführt wurde, geantwortet, dass dies eine Festlegung der steuerrelevanten Daten erfordert hätte, die nach Ansicht der Bundesregierung aber nicht möglich sei. Vielmehr hänge die Steuerrelevanz der Daten von den Verhältnissen in jedem Einzelfall ab, weshalb aus heutiger Sicht im Hinblick auf die Dateninhalte leider keine Standardisierung zu erwarten ist.

Diese Sichtweise stellt auch aus Sicht der Betriebsprüfung ein Problem dar. Solange Unklarheiten über die konkret bereitgestellten Dateninhalte bestehen, kann zwar ein standardisierter und effizienter Datenimport durch die Betriebsprüfung erfolgen. Es besteht aber die Gefahr, dass die gefahrenen Auswertungen nicht verwertbar sind. Ursächlich dafür könnte sein, dass sich bei genauerer Betrachtung herausstellt, dass die in die Prüfsoftware eingelesenen Daten nicht mit den im Unternehmen für die tatsächliche Verarbeitung des steuerrelevanten Geschäftsvorfalls generierten Daten übereinstimmen.

Wie geht es weiter?

Kurzfristig ist nicht mit einem erneuten Vorstoß zu rechnen

Laut Aussage der Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion konnte man u.a. aufgrund der Corona-Situation noch nicht wieder den „Ball“ aufnehmen, um im Austausch mit den Stakeholdern eine interessengerechte Lösung für eine FiBu-Schnittstelle zu finden. Die Bundesregierung will aber ausdrücklich dranbleiben und das Thema aufgrund der guten Erfahrungen mit anderen Datenschnittstellen – auch im Diskurs mit einem weiteren EU-Staat – weiterverfolgen. Man will im Zusammenhang mit einer Neuregelung auch prüfen, ob die Umsetzung des Standard Audit File-Konzepts (SAF-T) im Rahmen dessen erfolgen kann. Angesichts der anstehenden Bundestagswahl und anderer wichtiger Steuervorhaben ist aber nicht damit zu rechnen, dass die aktuelle Bundesregierung einen erneuten Vorstoß für eine FiBu-Schnittstelle nehmen wird. Vermutlich wird das Thema erst wieder im nächsten Jahr auf die Tagesordnung gesetzt.

Perspektivisch führt an Datenstandards kein Weg vorbei

Perspektivisch wird an einer Standardisierung der Datenbereitstellung (in Form von Mindestvorgaben an die Dateistruktur und/oder an die Dateninhalte) kein Weg vorbeiführen, wenn die Finanzverwaltung die Effektivität und Effizienz der Betriebsprüfung durch Einsatz von IT-gestützten quantitativen Betriebsprüfungsmethoden erhöhen will. Dies hat auch der Bundesrechnungshof gefordert, aber vorallem aus Gründen der Gerechtigkeit im Steuervollzug (Link). Eine Standardisierung könnte auch vermehrt zu zeitnahen Betriebsprüfungen führen, die aus Sicht der Wirtschaft Vorteile bieten. Auch nach dem aktuellen 22-Punktepaket der Bundesregierung für den Bürokratieaufbau soll die zeitnahe Betriebsprüfung stimuliert werden.

Die Standardisierung wird wie ein Brandbeschleuniger für die datengetriebene Betriebsprüfung wirken. Es bietet sich an, auf diese sich abzeichnende Entwicklung mit entsprechenden proaktiven Maßnahmen zu reagieren. Solche Maßnahmen wären bspw. die Verbesserung der Datenqualität in den Unternehmen (Data Governance) und der Aufbau von Know-How, um neue Prüfungsmethoden und Tools zur Datenanalyse in Vorbereitung auf eine Betriebsprüfung 2.0 zu beherrschen.