One-Stop-Shop für FBA Händler | Interview mit hellotax

Der One-Stop-Shop ist ein Teil des am 1. Juli 2021 eingeführten Umsatzsteuer-Pakets der Europäischen Union für E-Commerce Händler. Zu diesen gehören auch Händler, die ihre Produkte via Amazon und Amazon Fulfillment Programme (FBA-Händler) verkaufen. Über die Effekte der Einführung des One-Stop-Shop auf diese FBA-Händler haben wir mit Antonia Klatt vom Tax-Tech-Unternehmen hellotax gesprochen.

Was sind die Ziele des neu eingeführten One-Stop-Shops und inwieweit betrifft er Händler, die über Amazon verkaufen und FBA-Programme nutzen?

Antonia Klatt (hellotax):

Die Einführung des One-Stop-Shops, einer Erweiterung des bisher bestehenden Mini-One-Stop-Shops, umfasst einige neue Regelungen und hat ambitionierte Ziele. Zum einen soll eine Bekämpfung des Umsatzsteuer-Betrugs mit der Vereinheitlichung der Umsatzsteuerregelungen für grenzüberschreitende Lieferungen und Leistungen erfolgen. Dies zielt auf höhere Einnahmen der Unionsmitgliedstaaten infolge gerechterer Besteuerung ab. Zum anderen zielt der One-Stop-Shop auf die Gewährleistung von fairen Wettbewerbsbedingungen für EU-Unternehmer und E-Commerce-Händler aus Drittstaaten sowie zwischen E-Commerce- und traditionellen Geschäften ab. Dies soll den grenzüberschreitenden Handel vereinfachen. Aber gerade für FBA-Händler stellt der One-Stop-Shop meist keine Vereinfachung im Hinblick auf die steuerlichen Pflichten dar. Vielmehr wird die Sicherstellung einer EU-weiten Umsatzsteuer-Compliance erschwert.

Welche umsatzsteuerlichen Pflichten mussten Online-Händler bisher erfüllen?

Antonia Klatt (hellotax):

Die wichtigsten Veränderungen des One-Stop-Shops betreffen die Voranmeldungen und die Zahlung der Umsatzsteuerschuld von Online-Händlern, die grenzüberschreitend Waren verkaufen. Bis zur Einführung des OSS-Verfahrens bestand die Verpflichtung zur umsatzsteuerlichen Registrierung in jedem Land, in das sie lieferschwellenüberschreitend Waren lieferten. Zum einen entstand dadurch eine umfangreiche Sammlung von Umsatzsteuer-IDs. Zum anderen bestand in mehreren Ländern eine regelmäßige Pflicht zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen sowie zur Zahlung der Umsatzsteuerschuld je Lieferland. Zudem waren je Land unterschiedliche Lieferschwellen zu beachten. Händler mit einem reinen E-Commerce Business mussten sich also in mehreren Ländern mit der Erfüllung umsatzsteuerlichen Pflichten auseinandersetzen.

Wie verändert die Einführung des One-Stop-Shops die Pflichten und Möglichkeiten in Sachen Umsatzsteuer-Konformität für Online Händler?

Antonia Klatt (hellotax):

Mit dem One-Stop-Shop sieht die Situation anders aus. Für das OSS-Verfahren registrierte Händler sind in der Lage alle grenzüberschreitenden Verkäufe an europäische Privatpersonen über eine gesammelte OSS-Meldung im Land der Registrierung voranzumelden. Auch die Zahlung der Umsatzsteuerschuld erfolgt nur an die Behörde im Staat der Registrierung, welche die Beträge dann umverteilen. Vom Grundgedanken her bedeutet dies für viele Online-Verkäufer eine Vereinfachung. Die Nutzung des OSS ist auch deshalb für viele Händler empfehlenswert, da nunmehr eine einheitliche Schwelle von 10.000 € anstatt landesspezifischer Lieferschwellen existiert. Deshalb fallen nun für viele Online Verkäufer umsatzsteuerliche Aufgaben im Ausland an, um die sie sich vorher nicht kümmern mussten. Allerdings gibt es, wie immer, Ausnahmen für diese Regelungen, beispielsweise die Lagerung von Waren im EU-Ausland.

Wie sieht die Situation für FBA-Händler aus?

Antonia Klatt (hellotax):

Leider stellt der One-Stop-Shop nur selten eine Vereinfachung der umsatzsteuerlichen Pflichten für diejenigen Online Händler dar, die Fulfillment-Programme wie beispielsweise Amazon’s FBA nutzen. Für solche Programme, bei denen Waren im Ausland gelagert werden, sieht der One-Stop-Shop eine Ausnahmeregelungen vor. Zwar können Online-Verkäufer sich noch immer für den One-Stop-Shop registrieren, jedoch fällt die Ersparnis an administrativen Kosten und Zeit deutlich kleiner aus, da noch immer einige Umsatzsteuerregistrierungen im Ausland nötig sind.

Welche Aspekte des One-Stop-Shop-Verfahrens verkompliziert sich durch die Nutzung des FBA?

Antonia Klatt (hellotax):

Eine Registrierung für den One-Stop-Shop eines FBA-Händlers, oder in diesem Sinne auch der Nutzungsbeginn eines FBA Programms für OSS-registrierte Händler, verkompliziert vor allem die Einreichung von Umsatzsteuervoranmeldungen. Das liegt daran, dass sowohl die Vorschriften des One-Stop-Shops, als auch die der einzelnen Lagerländer, in denen Umsatzsteuerregistrierungen vorliegen, beachtet werden müssen. Das bedeutet, dass jede einzelne Kombination aus Lagerland und Lieferland anders gemeldet und die Steuerlast anders abgeführt werden muss. Online-Händler sehen sich daher einem großen zeitlichen und administrativen Aufwand für die Sortierung der Transaktionen ausgesetzt.  

Zum Beispiel müssen Produkte, deren Lieferung aus einem Warenlager im Ausland in selbiges erfolgt, dort in einer regulären Umsatzsteuervoranmeldung auftauchen. Die Voranmeldung für aus einem Zweit- in ein Drittland gelieferte Waren erfolgt über die OSS-Meldung. Waren, deren Lieferung aus dem Zweitland in das Heimatland des Unternehmens erfolgt, müssen dort in der regulären Umsatzsteuervoranmeldungen erfasst werden. Das hat natürlich jeweils folglich auch Auswirkungen auf die anzuwendenden Umsatzsteuersätze. Außerdem darf nicht vergessen werden, dass die EU-weite Lieferschwelle mit der Registrierung für den One-Stop-Shop nicht mehr anwendbar ist.

Was empfehlen Sie Amazon-Händlern, die FBA-Programme nutzen, im Hinblick auf den One-Stop-Shop?

Antonia Klatt (hellotax):

Die Entscheidung für die OSS-Registrierung sollte von FBA-Händlern auf Basis des jeweiligen Fulfillment-Programms und ihres Kundenstammes erfolgen. Hier gilt grundsätzlich: Je mehr Länder das FBA-Programm beinhaltet, desto mehr Umsatzsteuerregistrierungen sind nötig und desto weniger Vorteile bietet der One-Stop-Shop. Außerdem gilt: desto mehr Märkte ein Amazon-Business bedient, desto mehr lohnt sich die Nutzung des OSS-Verfahrens. Grundsätzlich lohnt sich im Einzelfall immer eine Beratung von einem auf E-Commerce spezialisierten Steuerberater oder Dienstleistungsunternehmen, wie beispielsweise hellotax. So kann eine Kombination aus bester Option für das jeweilige Online-Business unter Wahrung der Umsatzsteuer-Compliance sichergestellt werden.

Wie unterstützt hellotax Amazon Händler bei der Erfüllung der neuen Steuerpflichten?

Antonia Klatt (hellotax):

Der hellotax-Service setzt genau da an, wo bei der Nutzung des One-Stop-Shop-Verfahrens Komplikationen auftauchen – bei der Sortierung der Transaktionen und Kalkulation der Umsatzsteuer. Unsere Software kann mit Amazon-Händler-Accounts verbunden werden und liefert fertige OSS-Meldung, die sofort eingereicht werden können. Unser Team an spezialisierten Steuerberatern kann sich sowohl um die Verbindung mit den entsprechenden Accounts als auch um die Registrierung bei dem One-Stop-Shop kümmern. Für diejenigen Amazon-Händler, die sich gegen eine Registrierung für den OSS entscheiden, stellen wir auch eine Software bereit. Mit dieser haben unsere Kunden alle Transaktionen, Umsatzsteuersätze und -beträge, Einreichungsfristen, und vieles weitere für alle europäischen Länder immer im Blick.