Lowcoding Tax Apps | Casestudy an der Uni Siegen

Rückblick März 2021

Die Planung des Sommersemesters 2021 an der Uni Siegen steht an. Schon wieder nur digitaler Unterricht per Zoom und MS Teams… Und dann sollen die Studies auch noch eine Case-Studie in Gruppenarbeit bestreiten… Was soll ich machen, um den Hoffnungsträgern von morgen die Tax-Tech-Welt etwas näher zu bringen??? Ich habe eine Idee…

Neulich hatte ich mir den Showcase von mgm technology partners zum Thema Grundsteuer angesehen (a12-showcases.mgm-tp.com). Und der „Modellierer“ des Showcases Uli sagte mir dazu, dass die Umsetzung einer Tax App mit A12 gar nicht so schwer sei. Wenn das so ist, könnten doch vielleicht auch die Studenten im Rahmen ihrer Casestudy mit A12 etwas modellieren. Gedacht, gefragt: Ich rufe bei Uli und Janos – Ulis Chef – an, um zu fragen, ob sie bei der Case Study mitmachen wollen. Sie sagen ja. Großartig denke ich, aber was sollen die Studies denn modellieren??

Klar ist, dass wir etwas aus dem Steuerrecht picken müssen. Aber welche steuerlichen Regelungen bietet sich für eine IT-gestützte Umsetzung an? Einerseits muss es fachlich anspruchsvoll sein, denn schließlich geht es hier um eine Master-Veranstaltung. Andererseits dürfen die rechtlichen Auslegungsmöglichkeiten nicht so diffus sein, damit die steuerjuristische Subsumtion einer digitalisierbaren Logik zugeführt werden kann. Das deutsche Steuerrecht ist in besonderer Weise davon geprägt, dass es unterschiedliche Sichtweisen über die Auslegung von Tatbeständen und Rechtsfolgen gibt. Für die Casestudy sind also Fragestellungen und Regelungen zu finden, wozu Rechtsprechung und/oder Finanzverwaltungsschreiben existieren, die eine gewisse Sicherheit bei der Steuerrechtsanwendung geben. Aus meiner Beratungspraxis fallen mir dazu die grunderwerbsteuerliche Konzernklausel (§ 6a GrEStG) und die steuerliche Eigentumszuordnung in Leasingfällen (§ 39 AO) ein. Beide Themenkomplexe wurden bereits umfassend durch die Rechtsprechung und die Finanzverwaltung behandelt.

Los geht’s mit der Case Study

Die Studenten werden in vier Gruppen eingeteilt. Die beiden Themen Grunderwerbsteuerklausel und Leasing werden jeweils in zwei Gruppen bearbeitet. Jede Gruppe muss eine schriftliche Projektarbeit verfassen, in der die Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen aufgezeigt werden. Auf der Grundlage der schriftlichen Arbeit ist ein Entscheidungsbaum zu modellieren, worüber mittels einer Frage-Antwort-Logik die Sachverhaltsinformationen abgefragt werden, die für die steuerliche Subsumtion erheblich sind, um die zutreffenden Rechtsfolgen (Anwendung der Konzernklausel ohne Auslösen von Grunderwerbsteuer bzw. Zurechnung des Leasinggegenstands zum Leasingnehmer oder Leasinggeber) ableiten zu können. Der entwickelte Entscheidungsbaum ist dann die fachliche Grundlage für die Modellierung in den Editoren der Low Code Plattform A12.

Die Studenten haben zwei Monate Zeit, um die Projektarbeit zu schreiben und die Entscheidungsbäume zu entwickeln. Mitte Juni stellen die Gruppen ihre Entscheidungsbäume in einer Teams-Session vor. Wirklich cool ist, dass jede Gruppe ihren Entscheidungsbaum in BPMN 2.0 oder EPK modelliert hat, was u.a. auf meinem Lehrplan im Wintersemester steht (s.u. Ausschnitt Prozessmodell). Beeindruckend finde ich, wie detailliert sich die Studenten mit der Aufgabenstellung befasst und komplexe Entscheidungsbäume gebaut haben. Eine gute Basis also, um in die technische Umsetzung zu gehen. Dafür stehen den Studentengruppen Laptops zur Verfügung, auf denen A12 installiert ist.

A12 ist eine Enterprise Low Code Plattform, womit ohne großes Programmierknowhow z.B. Webapplikationen gebaut werden können (zu A12 s. auch den Beitrag von Uli in Rethinking Tax 2/2021, 17). In zwei Workshops führen uns Uli und Jennifer von mgm technology partners durch die A12-Editoren Data Modeler und UI Designer. Dann sind die Studierenden dran. Innerhalb von zwei Wochen sollen sie ihre fachlichen Entscheidungsbäume in A12 umsetzen. Das ist nicht viel Zeit, aber die Gruppen haben es dennoch super gemeistert. Am 23.06.2021 stellen uns die Studenten Ihre „Tax Apps“ vor. Es ist den Gruppen tatsächlich gelungen, innerhalb kurzer Zeit einen Prototyp für ein steuerliches Expertensystem zu entwickeln (s.u. Konzernklausel).

Meine Erwartungen sind übertroffen worden und auch den Studierenden hat es viel Spaß gemacht. So eine Casestudy werden wir sicherlich wieder machen!!