Allgemeines
Die Kassen-Nachschau (§ 146 b AO) ist ein Fels in der Brandung zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung in bargeldintensiven Branchen. Im Rahmen des Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen (veröffentlicht am 28.12.2016) wurde der Startschuss zum 01.01.2018 mit der unangekündigten Kassen-Nachschau als erste Maßnahme gesetzt. Beschränkte sich diese in den ersten Jahren auf die Überprüfung der Vollständigkeit der Betriebseinnahmen und weiterer Aufzeichnungspflichten, wie bspw. der Trennung der Entgelte galt es spätestens ab 2020 mit der grundsätzlich verpflichtenden Anschaffung von elektronischen Aufzeichnungssystemen (eA) i.S.d. § 146a Abs. 1 AO i.V.m. § 1 KassenSichV und der Implementierung einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) ein funktionierendes Instrument der zügigen Systemprüfung zu finden.
Analoge Welt
Mit der herkömmlichen Belegprüfung kann die Kassen-Nachschau nicht arbeitsökonomisch zielführend bestritten werden.
Beispiel:
Die Seriennummer des eA besteht aus Buchstaben und Ziffern und ist 64-stellig. Diese ist der Finanzbehörde in elektronischer Form mitzuteilen (Tool steht aus). Kommt ein Amtsträger zur Kassen-Nachschau und möchte dieser die Seriennummer des vor Ort eingesetzten eA mit der gemeldeten eA-Seriennummer vergleichen, müssen 64 Stellen händisch geprüft werden. Der Zeitaufwand hierfür ist immens. Die Fehlerquote sicherlich auch, da sowohl bei der Übermittlung als auch bei dem Abgleich vor Ort die Fehlerquelle Mensch beteiligt sein könnte.
Digitale Welt
Vielmehr muss ein effizientes und gefälliges modernes digitales Prüfungsverfahren her.
Beispiel:
Die Seriennummer des eA kann per QR-Code-Aufkleber direkt am eA gescannt, in einem Internetbrowser zwischengespeichert oder bestätigt und per copy & paste in das Online-Formular der Finanzverwaltung übergeben werden. Dort wird es in das „Register“ des Steuerpflichtigen eingepflegt. Im Rahmen der Kassen-Nachschau scannt die prüfende Person den eA-QR-Code des Gerätes ein und die Prüfsoftware zeigt an, ob die Seriennummern übereinstimmen oder nicht.
Komplettierung der digitalen Welt
Das „Manipulationsgesetz“ sieht neben der Kassen-Nachschau und der Mitteilungspflicht (§ 146a Abs. 4 AO) des eA weitere Maßnahmen vor (s. ausführlich Danielmeyer: Blockchain in der Steuerwelt, beck.digitax 2021, 93).
Ziel dieser Norm ist es u.a., jeden aufzeichnungspflichtigen Geschäftsvorfall oder anderen Vorgang (einzeln, vollständig, richtig und geordnet) abzusichern und mitsamt des eA durch eine zertifizierte TSE zu schützen.
Die TSE besteht aus einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium und einer einheitlichen digitalen Schnittstelle.
Nach § 2 Satz 1 KassenSichV wird festgelegt, dass jeder Vorgang (s.o.) mindestens eine Transaktion in der zertifizierten TSE mit mehreren Protokollierungsschritten auszulösen hat. Das Sicherheitsmodul erzeugt manipulationssicher folgende Daten:
- Zeitpunkt des Vorgangsbeginns sowie Zeitpunkt der Vorgangsbeendigung (auch bei Vorgangsabbruch)
- Eindeutige und fortlaufende Transaktionsnummer Prüfwert (vgl. Tz. 3.3.4 der BSI TR-03153)
- Seriennummer der Technischen Sicherheitseinrichtung
- Signaturzähler
Aus Teilen der TSE-Seriennummer ist der Hashwert des dort enthaltenen öffentlichen Schlüssels für die Verifikation der Prüfwerte zu verwenden. Die Hashfunktion muss hierbei den kryptographischen Anforderungen der Technischen Richtlinie BSI TR-03116 genügen.
Die Transaktionsnummer wiederum muss derart beschaffen sein, dass Lücken in Transaktionsaufzeichnungen erkennbar sind. Dies geschieht durch Verkettung mittels Hashwerten, die wiederum Bestandteile vorheriger Geschäftsvorfälle beinhalten und so eine nachvollziehbare Aneinanderreihung von Geschäftsvorfällen in Blockchain-Art generieren. Werden nun Transaktionen manipuliert (wie in der Vergangenheit zB. durch Zapper), ist die Kette der Signaturen nicht mehr homogen.
Durch entsprechende Datenanalyse mittels Prüfsoftware wären diese Anomalien in einem Datenexport für die Außenprüfung sehr schnell im Fokus der prüfenden Person.
Alternativ lassen sich in Kombination mit der Belegausgabepflicht ebenfalls die entscheidenden Parameter leicht und einwandfrei (digital) überprüfen.
Digitaler Kassenbon
Diverse Softwareanbieter bieten statt einem Papierbeleg einen digitalen Kassenbon an, der mittels QR-Code etwa mit einem Smartphone abgerufen werden kann. Seit dem 01.04.2021 gibt es den durch den Deutschen Fachverband für Kassen- und Abrechnungssystemtechnik im bargeld- und bargeldlosen Zahlungsverkehr e.V. (DFKA) initiierten bundeseinheitlichen „Elektronischen Kassen-Beleg-Standard“ (EKaBS). Hierbei wurden Grundfunktionen des Produktes AmadeusBon implementiert, der lt. Hersteller den gesetzlichen Vorgaben zu den Mindestangaben auf dem Kassenbon genügt. Durch Scannen des bei dem Verkaufsvorgang erzeugten QR-Codes der Bondaten haben Unternehmer, Kunden und Prüfer die Möglichkeit, sich die Daten in Form eines digitalen Bons anzusehen oder zu speichern, sofern Sie ein Smartphone oder Tablet zur Hand haben.
Digitaler Bon – Prüfung am Fließband möglich?
Der digitale Bon mit allen gesetzlichen Vorgaben ermöglicht sicherlich einen schnellen Systemcheck beim Steuerpflichtigen. Doch was ist mit den Steuerpflichtigen, die zulässigerweise bis zum 31.12.2022 eine Kasse älterer Bauart verwenden und per se nicht alle gesetzlichen Vorgaben auf den digitalen Bon „schreiben“ können? Dann fehlen bspw. Angaben wie Prüfwert oder Signaturzähler, weil die TSE noch nicht verbaut ist. Oder solche, die eine veraltete Kasse verwenden, die seit Jahren nicht mehr im Einsatz sein darf? Oder was passiert, wie in Pandemie-Zeiten oft beobachtet, wenn keine Eingabe im eA erfolgt, obwohl es angeschlossen ist?
Die Prüfdauer wird folglich vom Einzelfall abhängig sein.
Einheitliche Prüfsoftware für Kassen
Die Firma Gastro-MIS liefert die offizielle Kassen-Prüfsoftware für alle Finanzverwaltungen Deutschlands. So titelte die Pressebox am 26.04.2021. Doch was steckt dahinter?
Bei der Software handelt es sich lt. Pressebox um eine Verifikationssoftware, die die technischen Vorgaben der Kassensicherungsverordnung bzgl. Kassenbon, Kassenarchiv und TSE umsetzen soll. So soll eine sekundenschnelle Bonprüfung und die Validierung der Signaturen vorab durch den Steuerpflichtgen möglich sein. Weitere Add-ons für die Kassen-Nachschau oder Betriebsprüfung sollen ebenso Bestandteil der einheitlichen Prüfungssoftware sein. Ebenso wird eine Exportmöglichkeit der Kassendaten nach DSFinV-K möglich sein, um eine vertiefte Verprobung, etwa bei Lücken oder ungeklärten längeren Öffnungszeiten der Kassenschublade vornehmen zu können.
Fazit
Insgesamt ist die aktuelle Informationslage sehr dünn. Aus der Pressemitteilung liest sich, dass der Unternehmer mit der Software AmadeusVerify die Möglichkeit hat eine Kassen-Nachschau zu simulieren. Dies ist aktuell noch Aufgabe der Außenprüfung – was aus meiner zehnjährigen Erfahrung in der Außenprüfung auch gut so ist. Die Zeitersparnis und eine einheitliche Software für alle Bundesländer ist zu begrüßen. Dies weckt die Erwartungshaltung, dass, egal in welchem Bundesland geprüft wird, eine einheitliche Handhabung der Prüfungen erfolgt. Dies wiederum könnte ein Schritt in Richtung effektiver und zeitgemäßer Prüfung werden und eine Lanze für die zeitnahe Betriebsprüfung brechen. Werden in der Folgezeit innovative Verfahren auch für andere Datenverarbeitungssysteme mit funktionaler Prüfsoftware versehen, könnte dies zu schnelleren Prüfungsrhythmen führen. Prüfung steuerlich relevanter Daten in Echtzeit, etwa in Kombination mit Blockchain-Technologie könnten dann auch zu flächendeckenden zeitnahen Betriebsprüfungen führen.
(Eine vertiefte Darstellung des Themas finden Sie in Achilles/Danielmeyer, Die Kassen-Nachschau 2.0, NWB-Verlag, BBK im Erscheinen).
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