Spannungsfeld TSE

Was ist eine TSE?

Eine technische Sicherheitseinrichtung (TSE) soll die mit dem elektronischen Aufzeichnungssystem erfassten Erlöse manipulationssicher absichern. Um die Manipulationssicherheit zu gewährleisten, ist die TSE durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zu zertifizieren.  Die TSE beinhaltet neben der Zertifizierung ein Sicherheits- und Speichermodul sowie eine einheitliche digitale Schnittstelle.

Ab wann muss eine TSE benutzt werden?

Grundsätzlich sind die zTSE seit dem 01.01.2020 zu betreiben. Da bereits erste Zertifizierungen für Hardwarelösungen Ende 2019 vorlagen, wäre der Einsatz zu diesem Zeitpunkt möglich gewesen. Mit BMF-Schreiben vom 06.11.2019 wurde jedoch eine Verlängerung bis zum 30.09.2020 (Nichtbeanstandungsregelung) ermöglicht. Bedingt durch die Corona-Pandemie und eine noch nicht verfügbare Cloudlösung haben inzwischen 15 Bundesländer eine weitere „Frist“ bis zum 31.03.2021 offiziell bzw. nicht offiziell verkündet. Das BMF (18.08.2020) erklärt diese allgemeinen Verlängerungen der Nichtbeanstandungsregelung für ungültig, verweist jedoch auf die Möglichkeit der Bewilligung von Erleichterungen auf dem Einzelantragswege. Im Hinblick auf potenzielle Massenverfahren haben erste Bundesländer mitgeteilt, dass sie trotz des BMF-Hinweises an ihrer eigenen Fristverlängerung bis zum 31.03.2021 festhalten wollen (s. Link Landesamt für Steuern Niedersachsen).

Auf die Übergangsfrist bis zum 31.12.2022 für sog. Altkassen wird in diesem Beitrag nicht eingegangen (näheres hierzu kann man dem AEAO zu § 146a AO in Tz. 2.2.2 entnehmen).

Kernproblem

Das Gesetz zum Schutz vor Manipulation an digitalen Grundaufzeichnungen wurde Ende 2016 auf den Weg gebracht. Erst Ende 2019 bzw. Anfang 2020 kamen durch die neu eingeführte Belegausgabepflicht kritische Stimmen auf, was das denn alles für die Unternehmen bedeutet. Umweltschutz, Greta und Kosten für Tinte und Papier waren die häufigsten Hinderungsgründe.

Im Herbst 2020 findet die Belegausgabepflicht faktisch nicht mehr statt. Egal in welchem Bundesland man unterwegs ist, werden selten Belege ausgegeben oder per QR-Code zur Verfügung gestellt.

Im Bereich der Gastronomie habe ich bei den letzten zehn Besuchen im Bundesgebiet in den Monaten August bis September nur einmal einen Beleg bekommen und die restlichen neun Restaurants/ Imbisse/ Kneipen haben trotz elektronischer Kassen mit Stift und Zettel abgerechnet und die Erlöse nicht in der Kasse erfasst.

Folglich kann in diesen Fällen eine zTSE keine aufgezeichneten Erlöse absichern, da keine digitalen Aufzeichnungen erzeugt werden. Hier muss ein funktionierendes Mittel erschaffen werden, um diese „Tastenallergie“ in den Griff zu bekommen.

Exkurs und Nebenproblem

Bestimmte Aufzeichnungssysteme mit Kassenfunktion scheinen vielerorts überhaupt noch kein Problembewusstsein hervorgerufen zu haben. Nach wie vor blickt man in entsetzte und erstaunte Gesichter, wenn auf TSE-Pflichten u.a. bei:

  • Kassenmodulen der Heilberufler (Ärzte, Zahnärzte, Physiotherapeuten, …)
  • Faktura mit Kassenfunktion, auch bei nur sehr seltenen Barzahlungen
  • Laptop des Apothekers mit Remote-Zugriff auf das Kassensystem in der Offizin
  • Elektronisches Kassenbuch bei sofortigen Eingaben in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Entstehung des Geschäftsvorfalls

aufmerksam gemacht wird.

Beispiel:

Eine Zahnartpraxis verkauft spezielle Zahnbürsten aus Bambusholz gegen Barzahlung. Die Erfassung erfolgt mittels Abrechnungsprogramm „Toothfallout 3.0“, welches auch zur Leistungsabrechnung gegenüber Privatpatienten und Krankenkassen genutzt wird.

Lösung:

Das Kassenmodul unterliegt der TSE-, der Melde- und der Belegausgabepflicht i.S.d. § 146a AO. Die übrigen Module des Abrechnungsprogramms benötigen keine Absicherung, unterliegen aber qualitativ gleichen Anforderungen an Nachvollziehbarkeit und Unveränderbarkeit (§ 146 Abs. 4 AO).

Wie sieht das Bernhard Liekenbrock?

Zum Kassenthema habe ich Bernhard Liekenbrock befragt, der sich damit insbes. im Kontext von Tax CMS-Projekten auseinandersetzt. Er hat Verständnis für den Fiskus, dass bargeldintensive Tätigkeitsbereiche nachprüfbar sein müssen und Steuerhinterziehung wirksam bekämpft werden muss. Es sei aber mit Augenmaß vorzugehen. Es sollten nicht auf einmal auch Unternehmen TSE-pflichtig werden (wie bspw. Ärzte), bei denen klar ist, dass sie keiner bargeldintensiven Betätigung nachgehen. Der Anwendungsbereich der TSE-Pflicht sollte auf seinen ursprünglichen Sinn und Zweck beschränkt bleiben.  Auch die Infektion eines Vor- oder Folgesystems einer Kasse als TSE-pflichtiges System sollte allenfalls in Ausnahmefällen anzunehmen sein. Überschießende Tendenzen hat hier der Anwendungserlass zu § 146a AO, wonach wohl auch für Essensausgabestellen in Mitarbeiterkantinen eine Kassenfunktion iSd KassenSichVO mit Bonpflicht besteht, obwohl die Zahlung zwingend bargeldlos mit einer Mitarbeiter- oder Gästekarte zu erfolgen hat.

Gemeinsames Fazit

Abgesehen von dem aktuellen Streit zwischen Bund und Ländern über die Nichtverlängerung bzw. Verlängerung der Nichtbeanstandungsregelung, welcher sowohl im Sinne der Rechtssicherheit des Steuerpflichtigen als auch im Sinne der Effizienz der Landesverwaltungen möglichst schnell beigelegt werden sollte, bedarf es in naher Zukunft in  Bezug auf die benannten Kern- und Nebenprobleme einer Präzisierung bzw. einer Erweiterung der Regelungen zur zTSE.  Auf der einen Seite muss, wie von Bernhard Liekenbrock gefordert, der Einsatzbereich der zTSE im bargeldintensiven Bereich verortet bleiben, was ggf. einer Präzisierung der gesetzlichen Regelungen bedarf. Auf der anderen Seite sollten potenzielle Alternativen zur zTSE zur Bekämpfung von Manipulationen in bargeldintensiven Geschäften und damit verbundenen Steuerhinterziehungen gesucht werden. Wir haben uns zu diesem Thema bereits Gedanken gemacht und werden in naher Zukunft darüber berichten.