Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
was sind die nötigen Schritte um sich der Digitalisierung zu stellen?
Im Rahmen einer Podiumsdiskussion brachte ein Berufskollege die These auf, dass es jetzt darum gehe
- Robotics-Lösungen zu implementieren,
- Künstliche Intelligenz mittels Deep-Learning Algorithmen einzusetzen und
- verschiedene andere technische Lösungen z.B. BlockChain anzuwenden.
Im folgenden werden ich diese unter dem Begriff „neue Technologien“ zusammenfassen.
Nach meiner Auffassung, ist der Einsatz neuer Technologien durchaus ein erstrebenswertes Ziel. Allerdings ist meine Wahrnehmung, dass diese in vielen Fällen weit über den gegenwärtigen technischen Stand der Dinge und die fachlichen Fähigkeiten der damit zu betrauenden Kollegen hinausgehen. Im Rahmen der Diskussion sah ich mich zu der Aussage hingerissen, dass es Sinn machen könnte zunächst „bodenständige“ Fähigkeiten aufzurüsten wie
- fortgeschrittene Excelkenntnisse,
- grundlegendes Verständnis von Datenbanken oder
- Programmierkenntnise, um zu verstehen wie Software arbeitet.
Die vorgenannten Fähigkeiten sollen im Folgenden mit dem Begriff „digitale Fähigkeiten“ beschrieben werden.
Mir stellte sich die Herausforderung, dass mir mein eigener Standpunkt unter Digitalisierungsaspekten nicht zusagte!
Excel statt Highend-Software… soll das die Lösung sein?
Ich ging in mich und kam zu der Erkenntnis, dass sich hier verschiedene Themenkreise mit unterschiedlichen Zielsetzungen überschneiden.
- Die langfristige Richtung ist klar und richtig (Business Intelligence, Robotics, KI, etc).
- Der Weg dahin sollte schrittweise gegangen werden, um die Mitarbeiter und die Organisation dort abzuholen wo sie steht.
- Es macht Sinn zwei Arten von Digitalisierung zu unterscheiden:
- Zum Einen im Sinne von Prozessautomatisierung,
- zum Anderen im Sinne von notwendigen Kompetenzen der Mitarbeiter für deren Arbeitsalltag, aber auch um steuerliche Beratung digitaler Geschäftsmodelle erbringen zu können.
Meiner Wahrnehmung nach gibt es bislang eine zunehmende Anzahl an Kollegen in verschiedenen Konzernen, die sich mit den neuen Technologien befassen. Allerdings sind das häufig diejenigen, die sich zunächst schrittweise weitergehende Fähigkeiten im Bereich Advanced Excel, Datenbanken oder Programierkenntnisse angeeignet haben. Mit dem entsprechenden Gefühl für Daten und Prozesse ergaben sich dann die nächsten logischen Schritte, da das nötige Verständniss für die neuen Technologien sowie das technische Händchen vorhanden war.
Eine traditionelle Steuerabteilung, ist es gewohnt Exceldateien auszudrucken, abzuhaken und in Elster einzugeben. Diese von heute auf morgen durch die Anschaffung eines Softwareroboters zu beglücken, erscheint mir als ein gewagtes Unterfangen. Sowohl das Verständnis was dieser genau macht, als auch dessen Akzeptanz als Teil des Arbeitsprozesses, dürfte eine Herausforderung sein.
Unstrittig lässt sich mit den neuen Technologien (KI, Robotics …) viel Aufmerksamkeit erregen, ob dies jedoch im Arbeitsalltag die ersten und erfolgversprechenden Schritte zur Digitalisierung sind, dürte fraglich sein. Überspitzt dargestellt, werden die Fahrer eines der ersten Autos in moderne Elektrofahrzeuge gesetzt, mit der Aufgabe diese zu steuern. Gleichzeitig scheint der Vergleich, so er doch etwas überspitzt sein mag, geeignet die Herausforderungen aufzuzeigen, die mit Digitalisierung einhergehen. Es häufig nicht primär darum die neueste Software einzuführen. Vielmehr ist das Ziel die Mitarbeiter auf ein Digitalisierungs-Level zu bringen, dass die neue Software aus ihrer eigenen Sicht den nächste logische Schritt darstellt. Sofern Sie eine kritische Masse an Mitarbeitern mit digitalen Kompetenzen aufgebaut haben, werden die Mitarbeiter die Digitalisierungsrakete dann von alleine zünden.
Ich gebe allerdings zu, dass sich Schlagwörter wie BlockChain, KI und Robotics spannender anhören als Programmieren, Statistik und Datenbanken.
Neue Technologien sind, insbesondere wenn es um Automatisierung, Standardisierung und Reproduzierbarkeit, geht das Mittel der Wahl. Die digitalen Fähigkeiten und Kompetenzen allerdings greifen immer dann, wenn es darum geht die althergebrachten Wege zu verlassen. Sei es entweder um als Organisation Schritte hin zu den neuen Technologien zu machen aber auch um Elemente digitaler Geschäftsmodelle steuerlich beraten zu können. Immer häufiger begegnen mir Sachverhalte sei es aus Verrechnungspreis- aber auch umsatzsteuerlicher Sicht, bei welchen es darum geht zu Verstehen, was macht der Mandant / mein Unternehmen da eigentlich genau. Ohne dieses Verständnis für die neue digitale Lebenswirklichkeit wird eine saubere steuerliche Würdigung eine Herausforderung.
Für mich ist die zentrale Erkenntis der Diskussion gewesen, künftig folgende Frage im Auge zu behalten:
Geht es gerade um die Digitalisierung von Prozessen oder den Aufbau digitaler Kompetenzen der Mitarbeiter?
Mit digitalen Grüßen
Ihr Patrick Neumann