Der digitale Wandel ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Onlinebuchung von Kinokarten, bargeldloses Bezahlen, selbstfahrende Rasenmäher, Lebensmittel aus dem Internet, …
Selbst unsere Kinder sind heutzutage digital unterwegs. Lego Nexo Knights zeigt wie man durch scannen von Schildern seinen Spielfiguren zusätzliche Kräfte verschafft oder Lego BOOST bringt den Kids sogar das Programmieren von Robotern im Handumdrehen bei. Doch wie sieht es mit der Berufswelt aus? Welche Jobs wird es in der Zukunft geben, welche werden wohl wegfallen? Was beschäftigt uns aktuell? DSGVO. Die Abkürzung der Grundverordnung zum Datenschutz. Ich verbinde mit der Abkürzung noch immer die deutsche Seenotrettung (DGzRS).
Aber Spaß beiseite. Die Verordnung setzt Grenzen in der persönlichen Datenverarbeitung und regelt viele andere wichtige Bereiche unserer modernen (Daten-) Welt.
Auch in der Steuerwelt ist die Digitalisierung angekommen. Bereits seit dem 1.1.2002 prüft die Betriebsprüfung digital. In der Folgezeit haben sich sämtliche Bereiche digitalisiert. E-Bilanz, Anlage EÜR, Voranmeldungen und zB Jahreserklärungen werden dem Finanzamt digital / elektronisch übermittelt. Der § 88 Abs. 5 AO ermöglicht den weiteren digitalen Fortschritt in der Finanzverwaltung, indem Risikomanagementsysteme ihren Einsatz finden. Die Kommunikation zwischen Steuerbürger, Steuerberatung und Finanzbehörde erfolgt grundsätzlich nur noch in digitaler Form. Doch wie sieht die Welt vor der Steuererklärung aus? Welche Prozesse sind in Steuerabteilung, Steuerberatung oder beim Imbiss um die Ecke erforderlich um einen geschäfts- oder steuerlich relevanten Sachverhalt eins zu eins von der Entstehung bis zur Steuerbilanz transparent, nachvollziehbar und unverändert abbilden zu können? Ohne das auch nur ein einzelner wichtiger Posten verloren geht? Eigentlich unvorstellbar. Eigentlich. In seinem äußerst interessanten und zukunftsweisenden Beitrag zu Praxishinweisen zur technischen Umsetzung von Tax Complience Management Systemen (Ubg 2018, 43 – 53) befasst sich Dr. Bernhard Liekenbrock u.a. mit diesen Fragen.
Sein spannender Beitrag wirft zunächst einen Blick auf die bestehende Datenflut in den wichtigen Prozessvorgängen rund um die Erstellung von Steuererklärungen. Auf die Wichtigkeit interner Kontrollsysteme mit tatsächlicher (Über-)Prüfung– auch mithilfe von Algorithmen- um so auch die wichtigen GoBD bzw das handelsrechtliche Pendant, den IDW RS FAIT 1 im Fokus zu haben um seriös Daten in Vor- und Hauptsystemen nachzuhalten und zu prüfen. Denn auch die Betriebsprüfung setzt mit ihren Prüfungstechniken bereits in den Vorsystemen (zB Schnittstellen-Verprobung) an. Manipulationen oder aber auch Fehler in der Schnittstellenprogrammierung werden so sichtbar gemacht. Da bereits die Steuerberatung an dieser Schnittstelle „Wächter“ installiert, kann so Prophylaxe und zeitnaher Aufgriff durch die Steuerabteilung/ Revision erfolgen. Zeitnah ist wichtig, da so Sachverhalte in frischer Erinnerung geklärt werden können. In der Verfahrensdokumentation bemisst Liekenbrock neben der Wertschöpfungskette (Beschreibung von Organisation, Prozessen und Systemen) insbesondere der „Mensch-Maschinen-Schnittstelle“ eine sehr hohe Bedeutung zu. Hier sieht Liekenbrock die Möglichkeit sich vor der Verwerfung der Buchführung und möglichen Hinzuschätzungen durch die Betriebsprüfung durch Achtsamkeit zu schützen.
Im folgenden beschreibt er den Einsatz von Tax Compliance Management Systemen in Unternehmen. Bei der konkreten Ausgestaltung sind natürlich die betrieblichen Besonderheiten( u.a. Unternehmensgröße, grenzüberschreitende Aktivitäten, Rechtsform, Organisationsstruktur, Branche, … ) im Fokus zu behalten. Die IT-Strategie kann durchaus vielfältig sein. Softwarestrategie, Datenmanagement, Kommunikationsysteme, Persönlichkeitsrechte und Datenschutz sind hierbei wichtige Aspekte. Eine einfache Standardsoftware mit integrierten Lösungen sollte gegenüber individuellen Lösungen mit Verknüpfungen in unterschiedlichen Programmen etc. vorgezogen werden. Erstgenannte sind weniger Fehleranfällig. Auch in Cloud-Lösungen sieht Liekenbrock einen guten Ansatz, werden hierbei Kapazitäten und die unternehmensinterne IT geschont. Aber auch im Bedarfsfall könnten günstig Speicherkapazitäten hinzugebucht werden. Es sollte jedoch ein Blick auf den Standort des Servers geworfen werden (Datenschutz oder § 146 Abs. 2a AO). Der oft vorhandene „Wildwuchs“ bei der Ablage von Vermerken auf PCs oder Laufwerken sollte gestoppt und dafür ein Dokumentmanagementsystem mit Nachvollziehbarkeit der zeit- und personenbezogenen Bearbeitung an einem Ort geschaffen werden, unter Beachtung der Persönlichkeitsrechte und des Datenschutzes. Die weitere Verarbeitung der im Vor- oder Hauptsystem erzeugten Daten in Hinblick auf Steuerdeklaration, Erstellung und Dokumentation ist eine weitere wichtige Aufgabe in der digitalen Steuerberaterwelt. Ist hier alles in Ordnung und können alle wichtigen Prozesse nachvollzogen werden? Wenn ja, ermöglicht dies einem Unternehmen einen hohen Standard an Tax Compliance. Eine weitere Folge ist, dass Steuerabteilung oder Steuerbüro über die erzeugten Daten im Bilde sind und bei Betriebsprüfungen auf Augenhöhe kommuniziert werden kann. So stehen sich auf beiden Seiten die „Digital Natives“ gegenüber. In seinem Fazit zur Digitalisierung spricht Liekenbrock von einer anspruchsvollen Herausforderung für die Steuerabteilung, bei der es gilt Arbeitsprozesse qualitiv, unter Beachtung steuerlicher Pflichten, zu optimieren. Im Idealfall gelingt es den Unternehmen eine IT-gestützte Vernetzung unter Einbeziehung des steuerlichen Beratungsinputs an den entscheidenen Schnittstellen oder Stellschrauben zu generieren. Bei der Vereinheitlichung der Systeme wirkt dies auch zur Beschleunigung von Arbeitsprozessen. Denn ein einheitlicher Datensatz ist deutlich effektiver zu managen und auf Fehler zu analysieren.