Änderung der EU-Umsatzsteuervorschriften für den eCommerce ab 2019 bzw. 2021

Die EU hat am 5. Dezember 2017 mehrere Rechtsänderungen im eCommerce-Bereich beschlossen, die teilweise schon ab 1. Januar 2019, im Übrigen ab 2021 umzusetzen sind. Sie betreffen einerseits elektronisch erbrachte Dienstleistungen und andererseits den Versandhandel, jeweils gegenüber Nichtunternehmern (B2C-Bereich). Darüber hinaus wird das Konzept des Mini-One-Stop-Shops ab 2021 erheblich ausgeweitet.

Änderungen ab 2019

Bislang mussten elektronisch erbrachte Leistungen sowie solche im Rundfunk- und Telekommunikationsbereich ab dem ersten Euro im Bestimmungsland versteuert werden, so dass kleine und kleinste Unternehmen bereits sehr früh mit dem Aufwand konfrontiert wurden, entsprechende auslandsbezogene Umsatzsteuererklärungen abzugeben. Ab 2019 soll ein Schwellenwert von 10.000 Euro eingeführt werden, bis zu dem es bei der Anwendung der Grundregel des § 3a Abs. 1 UStG bleibt. Erst ab 10.001 Euro kommt es zur Anwendung des § 3a Abs. 5 UStG. Dieser Ansatz ist zu begrüßen, allerdings wäre es angesichts der Stoßrichtung Entlastung der kleinen und mittleren Unternehmen sicherlich sinnvoller gewesen, den Schwellenwert etwas höher anzusetzen.

Bisher mussten Erbringer von elektronisch erbrachten Dienstleistungen anhand von zwei übereinstimmenden Beweismitteln beweisen, dass der Kunde in einem bestimmten Bestimmungsland ansässig ist. Dieser Nachweis ist in der Praxis des eCommerce nur sehr schwer zu führen. Insoweit stellt es eine Erleichterung dar, wenn bei Unternehmen mit einem eCommerce-Umsatz von bis zu 100.000 Euro nur mehr ein Beweismittel verlangt wird. Auch hier stellt sich allerdings die Frage, warum der Schwellenwert angesichts des Regelungsziels nicht etwas großzügiger ausgefallen ist. Da es nun zwei Stufen gibt, müssen Unternehmen mit mehr als 100.000 Euro Umsatz tendenziell sogar strengere Prüfungen befürchten.

Eine große Erleichterung ist die Vorgabe der Rechnungsformalitäten durch das Sitzland des leistenden Unternehmers. Bisher mussten die Rechnungen für elektronisch erbrachte Dienstleistungen nach den Vorschriften des Bestimmungslands ausgestellt werden, die teilweise erheblich von den deutschen Gepflogenheiten abweichen (z.B. bzgl. Ausstellungspflicht, Mindestangaben).

Anders als in den ursprünglichen Vorschlägen der EU-Kommission kommt es nicht dazu, dass Payment Provider bzw. Zahlungsdiensteanbieter in den Anwendungsbereich der Portalregelung (§ 3 Abs. 11a UStG) aufgenommen werden.

Ebenso bleiben weitere Harmonisierungen des Verfahrensrechts aus. So können trotz Mini-One-Stop-Shop die Mitgliedstaaten völlig unterschiedliche Aufzeichnungspflichten und -formate vorsehen. Auch die Vereinheitlichung der Betriebsprüfung blieb leider aus, so dass jeder eCommerce-Unternehmer theoretisch bis zu 28 Betriebsprüfungen erleben könnte.

Schon vor der Richtlinienänderung am 5. Dezember 2017 hatte die EU bereits eine Gutschein-Richtlinie veröffentlicht, die ebenfalls bis zum 1. Januar 2019 umzusetzen ist und die ebenfalls erhebliche Auswirkungen auf den eCommerce hat.

Änderungen ab 2021

Ab 2021 werden die bisherigen Schwellenwerte für den innergemeinschaftlichen Versandhandel (§ 3c UStG) von gegenwärtig 35.000 Euro bis 100.000 Euro auf einheitlich (und einmalig) 10.000 Euro angepasst, so dass der Wert dem bei den elektronisch erbrachten Dienstleistungen entspricht (s.o.). Die Folge ist eine erhebliche Ausweitung der Besteuerung im Bestimmungsland und damit eine erhebliche Belastung für kleinere Versandhändler. Diese wird noch schlimmer, wenn die EU-Kommission ihren Vorschlag vom 18. Januar 2018 durchsetzt, nach dem die Mitgliedstaaten künftig weitgehende Freiheiten bei der Bestimmung der Steuersätze haben sollen.

Dieser Nachteil wird dadurch ein wenig aufgefangen, dass auch im Versandhandel künftig der Mini-One-Stop-Shop gilt. D.h. die Erklärungspflichten im Ausland können in vereinfachter Form und ohne umsatzsteuerliche Registrierung in den Bestimmungsländern erfüllt werden.

Besonderheiten ergeben sich die Betreiber von Verkaufsplattformen. Diese werden künftig als Kommissionäre ihrer Versandhändler fingiert, soweit diese im Drittland ansässig sind. Dadurch sollen Umsatzsteuerverkürzungen in Milliardenhöhe verhindert werden. Anfang Januar wurden entsprechende Ermittlungen gegen chinesische Onlinehändler bekannt, die u.a. über Amazon Waren angeboten und dann die Zollwerte systematisch zu niedrig angegeben hatten. Die Finanzministerkonferenz hatte sich bereits im letzten Mai des Themas angenommen.

Aus dem gleichen Grund wird auch die Einfuhrumsatzsteuerbefreiung für sog. Kleinbetragssendungen (bis 22 Euro) ersatzlos abgeschafft. Die Händler können künftig aber ein vereinfachtes Erklärungsverfahren nutzen.

Änderungen und Fortentwicklung des Mini-One-Stop-Shop

Mit der Rechtsänderung wird der Mini-One-Stop-Shop weiter ausgebaut und teilweise auch reformiert.

Bereits 2019 können auch Drittlandsunternehmer mit einer (anderweitigen) EU-Umsatzsteuerregistrierung nutzen. Dies war bisher nur für nicht registrierte Unternehmen aus dem Drittland möglich.

Ab 2021 wird die vereinfachte Erklärung auf alle sonstigen Leistungen erweitert, sie gilt dann also nicht mehr nur für elektronische Leistungen sowie solche in den Bereichen Telekommunikation und Rundfunk. Denkbare Anwendungsfälle sind z.B. Firmenwagenüberlassungen an im Ausland ansässige Mitarbeiter sowie grundstücksbezogene Leistungen oder Veranstaltungsleistungen.

Ebenfalls ab 2021 kommt die bereits angesprochene Ausweitung des MOSS auf die Versandhandelsunternehmen innerhalb der EU sowie auf Drittlandsunternehmer.

Ab 2021 werden die Erklärungsfristen verlängert vom 20. des Folgemonats eines Quartals auf den 30. dieses Monats.

Fehler in den Erklärungen sollen nicht durch eine Korrektur der bisherigen Erklärung berichtigt werden. Sie sind vielmehr in der nächsten erreichbaren Erklärung zu berücksichtigen.

Nach wie vor wird es nicht möglich sein, die Vorsteuer im vereinfachten Verfahren gegenzurechnen, Dies bleibt dem Vorsteuervergütungsverfahren vorbehalten.

Nächste Schritte

Der deutsche Gesetzgeber wird die durch die Richtlinie vorgegebenen Änderungen bis Jahresende umsetzen müssen. Einige Änderungen wie die Beweiserleichterung gelten jedoch direkt im deutschen Recht, da sie in einer EU-Verordnung geregelt sind und damit direkt gelten.

Die Unternehmen sollten sich auf die sich klar abzeichnenden Rechtsänderungen bereits jetzt einstellen.