Ein geleaktes Dokument der EU-Kommission (datierend auf den 26.02.2018 und hier abrufbar) offenbart die Pläne der Kommission zur Besteuerung der Digitalwirtschaft, welche bereits im September letzten Jahres für dieses Quartal angekündigt wurden. Das Papier enthält einen zweigliedrigen Vorschlag zur Lösung des wahrgenommenen Problems des Auseinanderdriftens von Ort der Wertschöpfung und Ort der Besteuerung bei der Digitalwirtschaft. Der von EU-Kommissar Moscovici angekündigte „Elektroschock“ scheint sich zu bewahrheiten.
Der erste Teil des Konzepts der Kommission (sog. „comprehensive solution“) sieht Regelungen zur Einführung des Konzepts der virtuellen Betriebsstätte nebst Anpassung von Verrechnungspreisregelungen und Empfehlungen zur Umsetzung in DBAs vor. Zur Begründung einer virtuellen Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat käme es nach den Plänen dann, wenn ein Unternehmen dort eine Schwelle an Umsätzen aus digitalen Geschäften, Anzahl von aktiven Nutzern und/oder Online-Kontrakten überschreitet. Die Umsatzgrenze ist mit 10 Mio. € angegeben, bzgl. der übrigen Schwellen sieht der Entwurf noch keine Werte vor. Ferner sollen bei einer formelhaften Aufteilung nach einer GKKB spezielle Faktoren die Allokation von Gewinnen zur virtuellen Betriebsstätte sicherstellen.
Die Einführung des Konzepts der virtuellen Betriebsstätte auf EU-Ebene ist an eine Implementierung auf OECD Ebene gekoppelt. Vor dem Hintergrund, dass letzteres zumindest kurzfristig nicht zu erwarten ist, die Kommission aber Alleingänge unter den Mitgliedstaaten zum Zwecke eines digitalen Binnenmarktes verhindern möchte, ist die Einführung einer EU-weiten Equalization Tax geplant („targeted solution“).
Nach den Plänen wären Unternehmen mit weltweitem Umsatz größer 750 Mio. € betroffen, deren Geschäftsmodell in hohem Maße von der Partizipation von Nutzern abhängt und die in Europa Umsätze mit digitalen Leistungen größer 10 Mio. € oder 20 Mio. € erwirtschaften (eine Entscheidung über den Grenzwert steht noch aus).
Zu den relevanten digitalen Leistungen im Anwendungsbereich der Steuer gehören insb.
(a) die unter Auswertung von Nutzerdaten optimierte Bereitstellung von Online-Werbeflächen (die Kommission nennt namentlich Facebook, Google AdWords, Twitter, Instagram und die kostenlose Spotifyversion) und der Handel mit Nutzerdaten sowie
(b) „intermediation services“ von Plattformen wie Airbnb und Uber.
Die digitale Bereitstellung von Inhalten und Lösungen (streaming, online gaming, IT-Lösungen, cloud computing services, FinTech, Netflix, kostenpflichtige Spotifyversion) fiele nicht in den Anwendungsbereich der Steuer.
Steuerpflichtige Unternehmen würden mit einem Steuersatz zwischen 1% und 5% auf den Umsatz (!) besteuert. Abzüge von der Bemessungsgrundlage sind nicht vorgesehen. Allerdings soll die Steuer als Betriebsausgabe bei der Körperschaftsteuer abziehbar sein.
Besonders bemerkenswert ist, dass der Maßstab für die Verteilung des Steueraufkommens der „Leistungsort“ der Nutzerpartizipation sein soll. Bei der Bereitstellung von Werbeflächen wäre dies das Land, in dem sich der Nutzer befindet, wenn ihm die Werbung geschaltet wird („where the eyeballs are“); beim Datenhandel, der Ort an dem sich der Nutzer befand, als seine Daten eingesammelt wurden und bei Plattformen, der Ort an dem der Nutzer die Transaktion über die Plattform getätigt hat.
Trost spendet den betroffenen Unternehmen, dass zur Minimierung von Compliance-Aufwand ein One-Stop-Shop-Modell eingeführt werden soll.
Die finalen Pläne der Kommission werden für den 21. März erwartet.