Strategische Ausrichtung der Steuerabteilung – nötiges Mindset und Qualifikationen

Liebe Leserinnen und Leser,

im Gespräch mit Berufskollegen kam die Diskussion auf wie wir die Steuerabteilung fit machen können für die Digitalisierung und die damit einhergehenden Prozesse. Gleichwohl dieser Blogeintrag das Thema Digitalisierung eher aus strategischer Sicht berührt, halte ich die Überlegungen hinsichtlich der zukunftsorientierten Ausrichtung der Steuerabteilung sowie Personalführung für durchaus praxisrelevant.

Es kristalisierte sich in besagtem Gespräch die Auffassung  heraus, dass zwischen zwei Kategorien von Kollegen in der Steuerabteilung zu unterscheiden ist:

  1. den First-Movern
  2. dem Main-Stream.

Unter First-Movern, so meine Erkenntnis am Ende der Diskussion, sind jene digital-affinen Steuerkollegen zu verstehen, welche ein intrinisches Interesse an Digitalisierung haben. Beispielsweise Kollegen, die

  • Spass daran haben neue Software auszuprobieren,
  • althergebrachte Arbeitsweisen in Frage zu stellen,
  • Sachverhalte in digitaler Form bearbeiten möchten oder
  • Datenbanken interessiert betrachten.

Es herrschte Einigkeit darüber, dass First-Mover in ihrem Digitalisierungsdrang gefördert werden sollten. Dabei ist weniger die konkrete Richtung wichtig, als das Digitalisierungs-Momentum aufrecht zu erhalten. Die Idee dahinter ist, jeglichen Wissensdurst in Richtung Digitalisierung zu stillen, sei es durch

  • Testen neuer Software,
  • gezielten Projekten mit der IT-Abteilung,
  • Erlernen von Programmiersprachen oder
  • Analyse der Möglichkeiten von Business Intelligence Tools.

Der Main-Stream, hierunter sei der klassische Steuerrechtler gefasst, der den Schwerpunkt auf die Arbeit mit dem Gesetz legt und Computer – Hardware/Software lediglich als technisches Werkzeug ansieht, dessen man sich – ohne abwertend zu sein – lediglich bedient.

Für mich ergaben sich aus diesen Überlegungen zwei Erkenntnisse:

1. Digitalisierung kann nicht per Gieskannenprinzip verordnet werden.

Die intrinsische Motivation des First Movers sollte gefördert werden. Wir als Unternehmen im Wettbewerb mit den Großen dieser Welt (exemplarisch seien hier Google, Amazon, IBM Watson genannt) sollten jedes Digitalisierungs-Pflänzchen, welches in unserem Garten wächst hegen und pflegen.

Dies bedeutet, es scheint angeraten Fortbildungsanfragen und Projektinteresse von Kollegen großzügig zu fördern und zu unterstützen. Es mag sein, dass uns als Vorgesetzten bzw. Unternehmen der Nutzen noch nicht unmittelbar ersichtlich ist. Beachtenswert ist die Tatsache, dass der Mitarbeiter/Kollege bereits tiefer in der Materie stecken könnte und wir die Tragweite der Technologie/des Projekts, vor allem aber dessen Nutzen, lediglich noch nicht abschätzen können. Unter der Annahme, dass der Kollege unser Wohlwollen nicht überstrapaziert, sondern von der Aktivität und dessen Wohl für das Unternehmen überzeugt ist, ist es unsere Aufgabe als Vorgesetzte diesen positiven „Drive“ zu fördern.

Digitalisierung als Prozess bedeutet auch, dass nicht immer klar ist, wohin die Reise für uns als Industrie, Branche oder Fachabteilung gehen wird. Die Kunst wird sein, sich nicht von den Anderen abhängen zu lassen. Wenn ich mir beispielsweise anschaue, wie im Steuerberatungsmarkt mit Digitalisierung von Belegen sowie digitaler Verarbeitung von Buchhaltung gegenwärtig.

2. Geschicktes Plazieren von Digitalisierungswissen in der Steuerabteilung, führt langfristig zu einer Durchdringung  und damit Anheben des Wissenspegels („Steter Tropfen höhlt den Stein“).

Dies kann zum Einen durch eine räumliche Durchmischung geschehen, indem digitalisierungs-affine Kollegen vom Typ First-Mover, gezielt in Büros plaziert werden. Zum Anderen kann es angeraten sein, bei Neu-Einstellungen auf Digitalisierungskompetenzen zu achten. Auch hier ist es, so meine aktuelle Auffassung, weniger wichtig die ultimative fachliche Komptetenz oder ein besonderes Spezialwissen an Bord zu holen, als mehr den richtigen Elan in die Organisation zu bringen.

Der Spagat, den es hier zu vollziehen gilt, ist einen kulturellen „Clash“ zu vermeiden. Ein Konflikt, der durch die unterschiedlichen Geschwindigkeiten mittels derer First-Mover und Main-Stream Digitalisierung vollziehen, entsteht. Es wird unweigerlich Reibung geben, allerdings gilt es diese so gering wie möglich ausfallen zu lassen. Durch einen steten Austausch beider Arten von Kollegen, beispielsweise als Nebenprodukt der räumlichen Nähe, könnte eine konfliktarmer Übergang von analog zu digital möglich sein.

Wichtig sei an dieser Stelle der Hinweis, dass es nicht zielführend ist fachliche Qualifikationen zu gunsten von IT-Kenntnissen in den Hintergrund zu stellen, sondern vielmehr zusätzliche Fähigkeiten an Bord zu holen.

Fazit der Unterhaltung, die für mich mit der Frage begann, welche neuen Kompetenzen eigentlich ich selber noch erlernen sollte, war:

Wie gehen wir als Unternehmen / Leiter einer Steuerabteilung sinnvollerweise mit den Digitalisierungsanforderungen an uns um. Wie fördern wir vorhandene Potenziale und verbreiten deren Wissen?

Keiner von uns kann in die Glaskugel blicken und den Stein der Weisen, welches die ultimativen Technologien / Softwareprodukte sein werden, erfassen. Dennoch gilt es bereits heute die Weichen zu stellen, um die eigene Organisation darauf hin auszurichten – insbesondere durch Wahrnehmung der eigenen Führungs- und Personalverantwortung.

Mit digitalen Grüßen

Ihr Patrick Neumann