Prüfungsnetze wie die Summarische Risikoprüfung (SRP) vs. Einzelmethoden

Ein öffentlicher Diskurs zur Arbeitsweise der steuerlichen Außenprüfung wie zur Summarischen Risikoprüfung (SRP) [SRP verstanden als „Synonym für die ‚modernen‘, ‚digitalen‘ Verprobungs- und Schätzungsmethoden der Finanzverwaltung“, Krumm, „Rechtsfragen der digitalen Betriebsprüfung (Summarische Risikoprüfung)“, DB 20/2017, 1105] ist zweifellos sinnvoll, damit das Ziel EDV-gestützter Plausibilitätsprüfungen „Massendaten zielgerichtet auf Warnsignale zu filtern und zu analysieren“ nicht aus den Augen gerät und „diesbezüglich Maßnahmen zur Qualitätssicherung“ erfolgen können [beide Zitate: Ehlers, „Tax Compliance“, NWB 18/2012, 1535, 1540 u. 1541]. Jede Beurteilung neuer Prüfungsansätze setzt dabei deren korrekte Beschreibung voraus. Jedoch fällt in kritisierenden Auseinandersetzungen von Nicht-Anwendern auf, dass – neben einigen falschen Darstellungen – zentrale Merkmale systematischer Prüfungsnetze wie z.B. das mehrperspektivische Analysieren nicht beachtet werden und die Kritik auf Betrachtungen von Einzelmethoden gründet.

Der Unterschied zwischen Einzelaufnahmen und mehrperspektivischer Bildgebung ist aus der medizinischen Diagnostik und Operationsbegleitung bestens bekannt: So wurden früher Gelenke i.d.R. mit den Aufnahmen zweier Öffnungszustände verbildlicht. Erst die heutige dreidimensionale Reproduktion mit Hilfe vieler Schichtaufnahmen und computergestützter Hochrechnung offenbart, wie viele Informationen die frühere Herangehensweise „übersehen“ hat. Dadurch hat sich die medizinische Diagnostik von der einfachen Röntgenographie zu CT und MRT wesentlich verbessert. In der Folge resultieren deutlich sicherere Diagnosen und Operationen.

Auch in der Datenanalyse gibt es eine multiperspektivische Herangehensweise, weil jede Analyseform wie bspw. unterschiedliche Zeitreihenvarianten andere Aspekte betont bzw. herausarbeitet. Werden mehrere Datenverbildlichungen sinnvoll miteinander verknüpft, wird dadurch eine wesentlich bessere Transparenz der Informationsfülle erreicht. In der Konsequenz lassen sich Prüffelder in großen Datenmengen zügiger und effektiver auffinden [Wähnert, „Zeitgemäße Datenanalyse der Betriebsprüfung – Das Datenprüfungsnetz ‚Summarische Risikoprüfung (SRP)’“, DB 45/2016, 2627]. Auch ein Gesamtbild zur Schlüssigkeit von Besteuerungsgrundlagen gem. § 158 AO – z.B. im Hinblick auf Bareinnahmenprüfungen – wird auf diese Weise vollständiger und es kann besser zwischen einzelbetrieblichen Besonderheiten und echten Unschlüssigkeiten differenziert werden.

Um diese Besonderheit systematischer Prüfungsnetze, welche die SRP im Gegensatz zu klassischen Prüfungsmakros in Datenanalyseprogrammen kennzeichnen, gezielt zu beleuchten, beschreibt der aktuelle Beitrag meines Kollegen und SRP-Dozenten Herrn Mehret und mir [„Prüfungsnetze vs. Einzelmethoden: Ein wichtiger, (bisher) verkannter Vorteil der Summarischen Risikoprüfung (SRP), DStR 6/2018, 314] die SRP-Arbeitsweise an einem Beispielsfall. Ganz bewusst sind dafür die anonymisierten Daten eines Restaurants mit Einnahmen-Überschuss-Rechnung sowie die (unkorrigierten) Daten zum Wareneinkauf anstatt zum -einsatz gewählt worden, um die eklatanten Unterschiede verschiedener Zeitreihentypen aufzuzeigen. Aus der Kombination der Datenverbildlichungen entlang des SRP-Prüfpfads „vom Groben Überblick in die Details“ entsteht ein klarer Eindruck zur grundsätzlichen Richtigkeit der Besteuerungsdaten und zu Einzelprüffeldern – vergleichbar der Logik von Indiziengesamtheiten: „die Indizien können in ihrer Gesamtheit […] die entsprechende Überzeugung vermitteln, auch wenn eine Mehrzahl von Beweisanzeichen jeweils für sich allein nicht zum Nachweis der Täterschaft des Angeklagten ausreicht“ [BGH v. 27.4.2010 – 1 StR 454/09, NStZ 2011, 108 Rn. 20].