TaxTech vs. Tech for Tax (People)

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

Meine Erfahrungen als Steuerberater in einem Industriekonzern führten zu der Erkenntnis, dass Excel als Allheilmittel gleichzeitig Fluch und Segen darstellt:

Mit Excel kann man Alles machen – mit Excel wird auch Alles gemacht!

Ich bin beruflich „groß“ geworden in einer Zeit als Excel-Tabellen in der Beratung gut layoutet und als Anlage zur Steuererklärung vor allem abhakfähig sein mussten. (Zitat eines sehr geschätzten Kollegen aus der Verwaltung: „Herr Neumann, abhakfähig ist eine Steuererklärung, wenn der Finanzbeamte die Zahlen aus dem Steuererklärungsformular in der Anlage schnell und einfach wiederfindet. Er würdigt dies dann als ein Indiz für deren Richtigkeit.“) Komplexe Formeln bedeuteten die Anwendung der automatischen Summenfunktion. Im Austausch mit Controller Kollegen wurde mir bewusst wie unsicher ich war im Umgang mit Zahlenkolonnen, deren Zeilenzahl mehr als 30 oder eine Bildschirmseite überstieg … und das zu Recht.

Es stellte sich bei mir das massive Unwohlsein ein bei der Vorstellung bei 300 oder sogar 30.000 Einträgen ein paar zu „verlieren“ – durch Formelfehler, geschuldet meiner Excel-technischen Unkenntnis.

300 oder 30.000 Einträge sind Volumina bei denen ein Controller oder Data-Scientist gerade mit den Fingerübungen zum Aufwärmen anfängt. Alleine die Anzahl und der Umfang der komplexen Excel-Sheets mit Hilfe derer Kollegen latente Steuern konsolidierten, ließ mich nervös werden bei der Vorstellung bei Krankheit hier „mal eben“ einspringen zu müssen. Gleichzeitig wäre das dann der Fall wo im Jahresabschluss unter Zeitdruck ein valides und auditfähiges Ergebnis verlangt wäre.

Somit beschloss ich vor circa zwei Jahren meine Excel-Kenntnisse aufzurüsten, absolvierte diverse Online-Kurse und Fortbildungen und gelangte zu der Erkenntnis, dass man mit Excel Vieles machen kann. Dies unter drei Einschränkungen:

  1. Excel erfordert einen strukturierten und sauberen Ansatz,
  2. Excel erfordert eine solide Ausbildung wie jede andere Software oder Wissensbereich auch (nicht nur von Druidenohr zu Druidenohr) und
  3. es gibt Bereiche, in denen stößt Excel durch sein Erfordernis des manuellen Aufbaus der Tabellen an seine Grenzen.

Ab Herbst 2016 wurde mir gewahr, dass im zwei bis drei Tagestakt Artikel über Big Data und deren Möglichkeiten im Handelsblatt erscheinen. Dies führte bei mir zu der Frage:

Big Data, Digitalisierung, Industrie 4.0 – was bedeutet das und was kommt da auf uns zu?

In Estland wird mittlerweile im ersten Schuljahr programmieren gelernt. Kinder von Freunden fangen im Alter von 5 Jahren an mit der Programmiersprache Scratch JR zu spielen. (Ich bin gespannt wie meine Kinder und ich uns dieser Frage zuwenden werden.)

Somit beschloss ich im Frühjahr diesen Jahres meine Arbeitszeit zu reduzieren, um mich einen Tag sowie ein paar Abende in der Woche verschiedenen Frage zu widmen:

  • Programmieren – was ist das eigentlich und was kann man damit machen?
  • Daten – was muss / kann ich mir darunter vorstellen?
  • Was macht / Wie funktioniert eigentlich eine Datenbank?

Nach einiger Recherche und ein paar Gesprächen installierte ich mir die Programmiersprache Python und mit Hilfe des Online Buches „Learn Python the Hard Way“ fing ich einfach an.

Mittlerweile sind schon sieben Monate vergangen und ich stelle fest, meine Erfahrungen im Programmieren und der Umgang mit Daten verändern mich sowie meine Denk- und Arbeitsweisen.

Das Thema meiner Einträge wird weniger sein TaxTech im Sinne von fertiger, produktiv einsetzbarer Technologie oder die rechtlichen Entwicklungen in Bezug auf Digitalisierung und Steuerrecht. Vielmehr geht es mir um

„Tech for Tax (People)“.

Mich mit Steuerleuten, aber auch allgemein datenaffinen Kollegen – dabei nicht einmal zwingend aus dem Finanzbereich, auszutauschen und Erfahrungen im Umgang mit digitalen Technologien zu kommunizieren, ist die Intention meiner Blog-Beiträge.

Ich lade Sie daher ein, mit mir den Sitz hinter dem Steuer zu verlassen und von Zeit zu Zeit einen Blick unter die Motorhaube zu werfen, einen Blick auf die / in die Technologie zu wagen.

Begleiten Sie mich auf dieser Reise!

Sollten Sie Fragen haben, meine Ansichten teilen oder aber auch andere Erfahrungen gemacht haben, nehmen Sie gerne mit mir Kontakt auf und lassen Sie mich das wissen.

Ihr Patrick Neumann
Programmierer im Entwicklungsstadium