Achtung NFT-Händler: Dienstleister-AGB entscheiden über die Umsatzsteuerpflicht

Autoren: Gregor Danielmeyer und Matthias Steger, CFO Bitcoin Bundesverband

Aus dem FG-Urteil vom 10.07.2025

Mit Urteil vom 10.07.2025 (Az. 5 K 26/24) hat das Finanzgericht Niedersachsen eine richtungsweisende Entscheidung zur umsatzsteuerlichen Behandlung von NFT-Verkäufen getroffen. Die Finanzverwaltung sieht sich durch dieses Urteil in ihrer Auffassung bestätigt – und gibt NFT-Händlern damit eine klare Warnung: Insbesondere die Struktur des technischen Dienstleisters sowie die AGB sind entscheidend für die steuerliche Behandlung.

Jedoch wirft das Urteil auch Fragen auf:

  1. Warum unterstellt das Gericht 50% der Einnahmen als im Inland erzielt?
  2. Warum erkennt das Gericht den Verkäufer als Unternehmer an, bezweifelt aber, dass die Käufer Unternehmer seien?
  3. Warum stellt das Gericht auf den Verkauf von „Zugriffsrechten“ ab, wenn doch rechtlich die digitalen Wirtschaftsgüter übertragen werden?

Abschließend ist unklar, wie man mit dem Urteil in der Praxis umgehen soll. Sind 50:50 nun eine gute Lösung, die auf andere Fälle übertragen werden kann oder muss jeder Betroffene selbst ein Klageverfahren betreiben.

OpenSea als Ausgangspunkt

Der entschiedene Fall betraf Verkäufe über den technischen Dienstleister OpenSea. Nach deren AGB tritt OpenSea nicht als Vertragspartner auf, sondern stellt lediglich die technische Umgebung bereit. Verkäufer und Käufer schließen ihre Geschäfte direkt ab. OpenSea ist also kein Händler.

Aus Sicht dieses Urteils bedeutet das: Der Händler erbringt unmittelbar eine sonstige Leistung an den Erwerber. Diese Auffassung vertritt auch die Finanzverwaltung. Da es sich um eine rein digitale Transaktion handelt, wird der Vorgang als elektronisch erbrachte Dienstleistung behandelt – steuerbar, steuerpflichtig und mit dem Regelsteuersatz von 19 % belastet. 

Aber: Nicht jeder technische Dienstleister ist gleich

Die Finanzverwaltung weist ausdrücklich darauf hin, dass dieses Urteil nur die Struktur von OpenSea betrifft. Andere Dienstleister können steuerlich anders zu behandeln sein. Regelmäßig zu stellende Fragen sollten hier sein: 

  • wird der Dienstleister selbst Vertragspartner,
  • zieht er Zahlungen ein oder
  • steuert er aktiv die Transaktionsabwicklung,

wenn ja, kann die Fiktionsregelung des § 3 Abs. 11a UStG greifen (Dienstleistungskommission). In solchen Fällen wäre nicht der Händler, sondern der technische Dienstleister selbst der steuerliche Leistungserbringer.

NFT-Händler müssen daher die AGB und Geschäftsprozesse des technischen Dienstleisters genau prüfen – denn davon hängt die Umsatzsteuerpflicht unmittelbar ab.

Offene Punkte: Direkter Verkauf und NFTs mit Realbezug

Nicht Gegenstand des Urteils waren:

  • Direktverkäufe ohne Dienstleister (Wallet-to-Wallet-Transaktionen / OTC),
  • die Herausgabe von NFT mit Rechten in der realen Welt (z. B. Tickets, Mitgliedschaften, Nutzungsrechte).

Hier besteht erhebliche Rechtsunsicherheit. Klar ist nur: Die Finanzverwaltung wird sich auch in diesen Konstellationen an der wirtschaftlichen Substanz orientieren – und steuerbare Leistungen annehmen, sobald ein entgeltlicher Leistungsaustausch vorliegt.

Punkte, die Fragen aufwerfen


Das Finanzgericht hat festgestellt, dass der Kläger zwar Zugriff auf die Walletadressen der Käufer hatte und ging von einer eindeutigen Zuordenbarkeit aus, jedoch bleibt offen, ob der Kläger nicht alle in seiner Macht stehenden Möglichkeiten genutzt hat.

Im Ergebnis hat der Kläger einen der größten Dienstleister der Welt für diese Geschäfte genutzt und Beweisvorsorge für alle in seiner Macht stehenden Informationen getragen. 

Walletadressen sind „verschlüsselt“ und lassen per se nicht für alle Adressen Rückschlüsse auf die Ansässigkeit eines Käufers zu. 

Welche Erwartungen hatte das Gericht mit der Aussage „Es lag vielmehr an ihm, sich durch eine entsprechende Gestaltung im Vorfeld die Möglichkeit der Beweisbeschaffung zu sichern.“? 

Bezieht man das BFH – Urteil vom 19.03.2015 V R 14/14 ein, bedarf es einer umfassenden Prüfung des zumutbaren. Rz. 19 des BFH – Urteils sagt aus, „…Nur wenn der Formalbeweis ausnahmsweise nicht oder nicht zumutbar geführt werden kann, gebietet es der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, den Nachweis auch in anderer Form zuzulassen“.

In einem Revisionsverfahren hätte der 5. Senat Gelegenheit gehabt, diesen Punkt zu vertiefen. Jedoch zeigt das Urteil auch die sehr engen Grenzen auf.

Der erkennende Senat hat im hier zu betrachtenden Verfahren wohl dieses Urteil bereits analog angewendet, jedoch fehlen Kriterien, wie man diesen Schlüssel auf andere Verfahren übertragen kann.

  • Welche Bedeutung haben Urheberrechte?

    Das Finanzgericht hat zutreffend festgestellt, dass eine auf elektronischem Wege erbrachte Dienstleistung vorliegt. Auch diese kann dem ermäßigten Steuersatz unterliegen gem. § 12 Abs. 1 Nr. 14 UStG i.V.m. Anlage 2 Nr. 49 b und c zum Umsatzsteuergesetz.

    Besonderes Augenmerk wäre auf den letzten Satz in § 12 Abs. 1 Nr. 14 UStG zu richten, wo auch „Teile von diesen“ begünstigt wären, wenn diese in einer Datenbank Zugriff erlauben. Übersetzt wären also sonstige Dienstleistungen begünstigt, wenn diese Zugriff auf Bilder eines Bilderbuchs ermöglichen würden.

    Ob und wann dies vorliegt, ist offen geblieben, da der Kläger keinen Beweis für Urheberrechte an den verkaufen NFT geführt hat oder fehlende Urheberrechte eingeräumt hat.

Fazit

Das Urteil macht deutlich: Für NFT-Händler gibt es keinen steuerfreien Raum. Die Finanzverwaltung betrachtet die relevanten AGB und die Transaktionslogik sehr genau – und zieht daraus unmittelbare steuerliche Konsequenzen. Wer NFTs verkauft, muss seine Geschäftsmodelle entsprechend prüfen und auf eine saubere Dokumentation achten.

Warnung der Finanzverwaltung: Wer glaubt, sich auf technische Anonymität oder unklare AGB berufen zu können, irrt. Bei der Umsatzsteuer gilt: Transparenz ist Pflicht, und Unklarheiten gehen zulasten des Steuerpflichtigen.