§ 50a EStG in der digitalen Wirtschaft – Pitfalls und Prozesse

Mitte letzten Monats luden Dr. Carsten Schlotter (Flick Gocke Schaumburg, Partner) und Dr. Reimar Pinkernell (Flick Gocke Schaumburg, assoziierter Partner) zum Mandantenseminar zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft nach Frankfurt, um Risiken des Steuerabzugs nach § 50a EStG zu diskutieren. Mit dabei war Sandra Kochs aus dem BMF, welche zu diversen Punkten aus Verwaltungssicht Stellung bezog. Diskutiert wurden diverse typische Fälle und Fallstricke aus den Sachverhaltsgruppen Überlassung von Software-Urheberrechten, Onlinewerbung, Social Media und Influencer, Entwicklungsleistungen und Know-How, sowie weitere aktuelle Streitfragen.

Daneben informierten Heinrich Drinhausen und Jan Brodersen (ebenfalls beide Flick Gocke Schaumburg) über Möglichkeiten der Optimierung der betrieblichen Prozesse zur Sicherstellung der Tax Compliance im Bereich des Steuerabzugs nach § 50a EStG und dem Aufbau eines ordnungsgemäßen IKS zum Schutz vor einem Vorwurf der Leichtfertigkeit bei etwaiger Verletzung steuerlicher Pflichten.

Problem ist, dass eine pflichtwidrige Unterlassung des Steuerabzugs praktisch zu Lasten des Abzugsverpflichteten geht. Haftungsbescheide oder Nacherhebungsbescheide sind die regelmäßige Folge. Dass „Nachforderungsbescheide“ ggü. dem ausländischen Steuerschuldner ergehen geschieht eher selten. Häufig wurden mit den ausländischen Unternehmen Gross-Up-Verpflichtungen eingegangen, was eine Überwälzung der Steuerrisiken auf den inländischen Vergütungsschuldner bedeutet. In zeitlicher Dimension kommt erschwerend hinzu, dass die Festsetzungsverjährung regelmäßig 7 Jahre (!) beträgt (§§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO).

Dass die häufig hochkomplexen Fälle zum finanziellen Risiko werden (auf dem Spiel stehen 18,8 % Vergütung bei Gross-Up-Vereinbarung nebst Zinsen), lässt sich durch effektive betriebliche Prozesse und eine zielgerichtete Organisationsstruktur ganz erheblich reduzieren.

Ziel sollte sein, Fragen des Steuerabzugs vor Abschluss des jeweiligen Vertrages geklärt zu haben, um die Steuern bei der Verhandlung mit dem Vergütungsempfänger berücksichtigen zu können. Der Einbezug der Steuerfunktion in die Sachverhaltsentstehung sollte prozessual sichergestellt sein. Bei der Würdigung des Sachverhalts ist Expertise gefragt. Nicht selten weicht die intuitive Einschätzung von der tatsächlich zutreffenden ab. Das Ergebnis hängt viel vom Immaterialgüterrecht ab. Unternehmensindividuell ist zu überlegen, ob eigene Experten aufgebaut werden oder die Prüfung der Sachverhalte ausgelagert wird. Diverse IT-Lösungen können dabei unterstützen, dass eine Sachverhaltsprüfung zeitnah an richtiger Stelle erfolgt. Im weiteren Zeitablauf gilt es dann den tatsächlichen Einbehalt der Steuer und ihre Anmeldung und Abführung an das BZSt fristgerecht zu gewährleisten bzw. bei DBA-Schutz entsprechende Freistellungsbescheinigungen vorliegen zu haben.