Einzelaufzeichnungspflicht – Theorie und Praxis im Licht des AEAO zu § 146 AO

Mit seinem Anwendungserlass zur Einzelaufzeichnungspflicht vom 19.06.2018 versucht das Bundesfinanzministerium die Anforderungen an die Aufzeichnung von Geschäftsvorfällen zu konkretisieren.

In seinem neuesten Beitrag (Einzelaufzeichnungspflicht- Theorie und Praxis im Licht des AEAO zu § 146 AO DB Nr. 41 12.10.2018) untersucht Herr Gerd Achilles, ob es dem BMF gelungen ist. Anhand praxisnaher Beispiele erläutert er wie die Einzelaufzeichnung heutzutage im Allgemeinen und Speziellen auszusehen hat. Neben den Mussbestandteilen der Einzelaufzeichnungspflicht bildet der Kernteil seiner Ausarbeitung die Zulässigkeit der offenen Ladenkasse. Er begrüßt im Übrigen, dass der BMF die offene Ladenkasse begrifflich definiert hat. Kritisch sieht er hingegen die Begrifflichkeit „aus Zumutbarkeitsgründen“. Hier nimmt er den Unternehmer in die Pflicht, geeignete Nachweise beizubringen warum ihm die Einzelaufzeichnung nicht zumutbar ist. Der Nachweisbringung bemisst Herr Achilles jedoch wenig Bedeutung zu, denn technische Unmöglichkeiten in Bezug auf Einzelaufzeichnungen sind heutzutage kaum mehr denkbar. Selbst ohne Kassenpersonal lassen sich heutzutage mit Self-Scanning-Systemen oder elektronischen Waren– und Dienstleistungsautomaten durchaus Einzelaufzeichnungen für jede Art von Geschäftsvorfällen anfertigen. Allerdings hat er hier auch den möglichen Kostenfaktor im Auge. Die Wirtschaftlichkeit sollte im Vordergrund stehen. Sie darf aber auch nicht als Ausrede für die Verletzung von Grundprinzipien der Ordnungsmäßigkeit ausgenutzt werden. Hier wären manuelle Einzelaufzeichnungen ggf. eine Lösung. Zur abschließenden Beurteilung, ob denn nun Einzelaufzeichnungen unmöglich sind oder nicht listet er umfassende Kriterien und auch Branchenquervergleiche beispielsweise auf.
Im weiteren Verlauf äußert er sich besorgt um die Erkenntnis, dass aktuell im Herbst 2018 immer noch historische Kassen aus der Zeit bis 31.12.2016 im Einsatz sind. Es erfolgt keine Aufzeichnung auf Artikelebene und eine Schnittstelle zum Datentransfer existiert ebenfalls nicht. Durch diese Fahrlässigkeit serviert ein Unternehmer dem Finanzamt die Schätzungsbefugnis auf dem Silbertablett.

Auch die Rolle rückwärts zurück zur offenen Ladenkasse (Downsizing) sieht er sehr kritisch. Man muss sich ganz einfach die Fragen stellen, ob dies zulässig ist. Zwar ist ein Unternehmer in der Wahl seines Aufzeichnungsmittels frei, entgegen steht dem jedoch der strenge Wortlaut des § 146 Abs. 1 Satz 3 AO.
Dass ein Nebeneinander von Registrierkasse und offener Ladenkasse in wenigen Fällen denkbar ist, sieht Herr Achilles auch. Allerdings stellt er auf die Einzelfallprüfung und ggf. auf eine Antragstellung auf Erleichterung nach § 148 AO ab.

In seinem Fazit hält er fest, dass in der Überprüfung der Einhaltung der Einzelaufzeichnungspflichten künftig ein Prüfungsschwerpunkt der Prüfungsdienste liegen wird. Er sieht Unternehmer und Steuerberatung in der Pflicht sich mit der Frage der Aufzeichnungsmöglichkeiten im Betrieb auseinanderzusetzen und dies in einer Verfahrensdokumentation auch abzusichern. Nur so kann der Unternehmer bei transparenten Wegen vom Wareneingang bis hin zum Warenabgang (oder Dienstleistung) die Schätzungshöhe im Fall der Fälle möglicherweise gering halten.